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24./25. Dezember 2005 in Izmir

Um mit anderen Christen gemeinsam Weihnachten zu feiern, fahre ich am 24. Dezember nicht nach Salihli (Sardes), sondern mache einen Abstecher nach Ismir, wo ich viele Christengemeinden kennen gelernt habe. Bei dieser Gelegenheit lerne ich zwei weitere Gemeinden kennen.


24. Dez. 05: Izmir

Mit der Idee, den Sohn des Imams in meinem Auto mit nach Ismir zu nehmen, hat mir meine Pläne etwas durchkreuzt. Ich wollte doch über Sardes nach Ismir fahren, weil ich weiss, dass auf dieser kleinen Strasse alte lydische Grabhügel zu sehen sind. Der Tag wäre für dieses Unternehmen sehr schön gewesen, sonnig mit klarem Wetter. Doch blieben wir im Haus des Imams noch lange sitzen, ich ass dort und auch die Kinder wollten dies und das von mir. So wurde es schon fast dunkel, und der Vater empfahl uns, den schnelleren Weg nach Ismir zu nehmen.

Türkische Universitäten
Die Fahrt im Abendlicht war sehr schön. Mit Safa hatte ich im Auto gute Gespräche. Er klärte mich etwas auf über die Universitäten in der Türkei. An die Universität geht man mit einer Aufnahmeprüfung. Je nach Punktezahl, die man erreicht, kann man an eine berühmtere oder weniger wichtige Universität besuchen. Safas Vater hat an der religiösen Fakultät (ilahiyat faüultesi) der Marmara Universität in Istambul studiert. Für Safa war diese Universität die zweite Wahl. Inzwischen hat die «9.September-Universität» in Ismir einen noch besseren Beruf. Mit den 330 Punkten bei der Aufnahmeprüfung hätte Safa nach Istambuld gehen können, wo 290 Punkte verlangt werden. Für das Studium der deutschen Sprache verlangt die Uni in Ismir 320 Punkte. So wählte er Ismir. Je nach Punktezahl bei der Abschlussprüfung nach fünf Jahren, werden ihm wieder entsprechende Türen aufgetan. Mit tiefen Noten muss er Reallehrer werden, mit besseren kann er sich zum Gymnasiallehrer ausbilden lassen, mit noch bessern Noten sind ihm weitere Wege an der Uni eröffnet.
Noch weiss er nicht genau, was er später arbeiten will. Eine Option ist der Beruf des Vaters: Vorbeter. Aber er kann sich auch eine Anstellung bei der türkischen Religionsbehörde vorstellen, welche Schriften produziert und die weltweit ausgeschickten Imame betreut. Der Lehrerberuf sei in der Türkei schlecht bezahlt. Viele gute Lehrer gehen darum ins Ausland. Die Unterschiede im Verdienst seien enorm. Es gebe Privatschulen, wo bis zu 2000 Lira im Monat verdient werde, aber auch staatliche Schulen, wo man kaum 500 Lira erhält.
In jedem Fall will Safa mit der Deutschen Sprache arbeiten, die er sehr liebt. Er freut sich, wenn ich einen schönen Satz formuliere und er die Beweglichkeit und Möglichkeiten dieser Sprache nachempfindet.
Sein Weltbild und seine Frömmigkeit sind stark und tief, doch funktioniert das ganze in der Sprach- und Wortwelt des Korans. Ich mache ihm einige Andeutungen über die Bedeutung der weltweiten Säkularisierung, über die vermittelnde Rolle der Philosophie und der Wissenschaft und der grossen Aufgabe, die Religion angesichts der Moderne für kommende Generationen neu zu erschliessen, sie offener und dialogfähiger zu machen.
Diese Fragestellungen sind ihm noch nicht so vertraut. Ich sage ihm, dass in ferner Zukunft Europa und die Türkei, das Christentum und der Islam sich begegnen und einander befruchten würden, und das für diese grosse, auf uns zukommenden Herausforderungen Leute nötig sind, die sprachlich und religiös vermitteln können.

Ja, und heute ist Weihnachten. Eigentlich noch etwas wenig in meinem Herzen. Ich habe mir durch den Abstecher nach Ismir wieder Unruhe aufgebürdet. Es wäre sicher auch schön gewesen, in der Stille für mich in Sardes Weihnachten zu feiern. Nun bin ich in Ismir, wo in einer Viertel Stunde die Abendmesse in der Anglikanischen Kirche beginnt. Vielleicht wird es da für mich weihnächtlicher.

Weihnachtsfeier in der Anglikanischen Kirche Alsancak
Ich beginne meine Pilgertour durch die Weihnachtsfeiern in Ismir um 20 Uhr bei den Anglikanern in der Kirche St.John. (Christmas: Holy Eucharisti in the church of St. John the Evangelist)
Die Anglikaner sind in der Liturgie fast Katholisch, doch der ganze Ablauf und die Art, wie die liturgischen Teile gestaltet werden, erinnert mich wieder sehr an unsere reformierte Tradition. Alle Gästen erhalten ein Gesangsbuch, ein Liturgiebuch und eine mehrseitiges Liturgieblatt für den Abend, wo die Lesungen und der Ablauf in türkisch und englisch nebeneinander aufgeschrieben ist - fast etwas viel Papier. Die Kirche dürfte für den Heiligen Abend besser besucht sein. Vor einer Woche waren mehr Leute da, als man einfach Weihnachtslieder gesungen und gehört hat. Etwa 60 Prozent der Gottesdienstbesucher sind Ausländer.
Die zelebrierende Priesterin Leslie Lewis begrüsst mit persönlichen Worten die Gläubigen und fordert sie auf, in mit dem Lied «Gloria in excelsis deo» in die Freude der Christgeburt einzustimmen. Ron, der Priester, spielt wieder auf der kleinen Orgel und begleitet die Lieder. Aus der Bibel wird Jesaia 9, 2-7 vorgelesen, Psalm 98 wird teils von der Gemeinde, teils von einem Vorleser gelesen, aus dem Neuen Testament trägt jemand Tiutus 3, 4-7 vor, später die Weihnachtsgeschichte von Lukas. Dazwischen immer wieder Hyms (Lieder aus dem Gesangbuch). Die Predigt hält Ron. Sie ist poetisch. Ein literarisches Essay über eine Begegnung mit der Stille, die Ron in Kanada in einem Trappistenkloster erfahren hat. Von da aus schlägt er eine Brücke zu den Hirten auf dem Feld, die dort in der Stille der Nacht die frohe Botschaft vernommen haben.
Es folgt das Apostolische Glaubensbekenntnis, von der Gemeinde gesprochen, dann ein Gebet und der «Offertory Hymn», ein Lied zur Gabenbereitung bei der Eucharistie. Tochter und Sohn der Priesterin, die auf Besuch sind, tragen dieses Lied mit Gesang und Orgel vor. Die Eucharistie wird durch liturgische Texte vorbereitet und gestaltet, welche die Gemeinde aus dem Liturgiebuch mitliest. In der Gemeinschaft mit Gemeindevorstehern wird das Mahl eingesetzt und an alle ergeht der Ruf, daran teilzunehmen. Auch ein Kind folgt der Einladung. Der Empfang von Brot und Wein wird würdig gestaltet. Man geht nach vorne, kniet auf eine Bank und empfängt zuerst das Brot, dann den Kelch. Nach dem Empfang bleibt man noch eine kurze Zeit kniend und gibt dem inneren Erleben Raum. Nur etwa die Hälfte der anwesenden Leute gehen zum Abendmahl.
Ich singe an diesem Abend kräftig mit und versuche mich in weihnächtliche Stimmung kommen zu lassen. Nach einer Woche Islam in Akhisar verstehe ich Muslime, denen dieses Ritual fremd vorkommen muss. Am meisten überzeugen mich die Einsetzungsworte. Ich muss nicht viel studieren. Die Kraft dieser Worte trifft mich und bringt mich sofort wieder zurück in die christliche Substanz, die aus der Selbsthingabe Jesus wächst.

Dass ich den Geist der anglikanischen Liturgie doch noch nicht ganz verstanden habe, zeigt sich darin, dass ich nach dem Gottesdienst von der Pfarrerin, bei der ich morgen eingeladen bin, wissen will, wo sie wohnt. Ich breite den Stadtplan auf dem Abendmahlstisch aus, doch sie nimmt die Karte sofort weg. Das ist nicht der Ort für solch weltliche Geschäfte.

Nach dem anglikanischen Gottesdienst fahre ich zu dem Hotel, wo ich vor drei Wochen war. Da beziehe ich ein Zimmer und rüste mich für die Mitternachtsmesse in der katholischen Kirche Santa Maria in der Nähe des Hotels Hilton, beginn 23.30 Uhr.

Ende der Weihnachtsmesse Kippe in der Kirche St.John

Kelche der Kirche St.John Priesterein Leslie Levis


Mitternachtsmesse in der katholischen Kirche St. Maria

Wie ich in der Gegend der Kirche ankomme, erkundige ich mich da und dort nach der Kirche. Ich bin erstaunt, dass selbst Taxifahrer und Geschäftsinhaber in der Umgebung oder Passanten mir nicht weiter helfen können. Doch dann finde ich die Kirche, wo aber kaum Leute sind. Wie ich hinein gehe, sitzen da etwa 10 Leute. Ich mache mir meine Gedanken über diese Besucherzahl und nutze die Zeit für Fotos. Das Gebäude mutet mich hier in der Türkei recht fremd an. Da sind viele Heiligenbilder an der Wand, vorne an der zentralen Stelle die himmlische Jungfrau aus Apokalypse 12 mit ihrem Sternenkranz mit 12 Sternen (- dem Symbol der EU). Ich mache mir auch Gedanken über die Last dieses Gebäudes. Was hat diese Art Christentum, die in diesen Bildern zum Ausdruck kommt, mit dem Evangelium, was mit einem künftigen Christentum in der Türkei zu tun?
Nun - ich hatte falsch über diese Gemeinde gedacht. Der offizielle Beginn ist um 12 Uhr. Immer mehr Leute kommen, bis die Kirche voll ist. Viele stehen. Ich meine, dass etwa 60 Prozent davon Türken sind. Wenn ich die Gäste vergleiche mit jenen in der anglikanischen Kirche, so muss ich sagen, dass hier ein südländisches Aussehen dominiert, in der anglikanischen Kirche ein englisches, ein nordisches. Auch die Türken, die hier sind, scheinen mir in ihrer Erscheinung den Italienern verwandt.
Da wird allerlei vorbereitet. Ein Ministrant, ein franziskanischer Pater, ein Priester, Frauen und Mitglieder des Chors treffen letzte Vorkehrungen.
Die Mitternachtsmesse beginnt mit dem feierlichen Einzug des Priesters mit Jesuskind (siehe Bilder unten). Ich fühle mich in alte Zeiten zurückversetzt, wo das Christentum für die Leute wie ein Theater aufgeführt werden musste, damit sie etwas davon mitbekommen. Doch ich lasse mich mitreissen mit dem «heiligen Theater», das in der mir vertrauten italienischen Sprache aufgeführt wird. Auch hier wird gesungen, doch zur Hauptsache nicht durch die Gemeinde, sondern vom Chor oben bei der Orgel. Die Lieder sind süss und harmonisch, wie auch die Kirche und die Stimmung. Ich bin über die Bekleidung des Priesters etwas irritiert. So sind normalerweise die orthodoxen Geistlichen bekleidet. Vermutlich handelt es sich bei dieser Gemeinde um eine katholisch-orthodoxe Gemeinde. Rom hat in der Liturgie früher Konzessionen gemacht gegenüber jenen Gemeinden, die Orthodox sind, sich aber Rom anschliessen. Darum sind da gewisse orthodoxe Elemente erkennbar. Nur römische Kirchen konnten hier in Ismir überleben. Doch in Istambul soll es Orthodoxe geben. Da wohnt ja auch noch der Metropolit, das Oberhaupt der Orthodoxie.
In der Zeremonie, die auf meine Seele stimmungsmässig wirkt, habe ich einen Gedanken, eine Einsicht, die für mich zum Weihnachtserlebnis wird. Ich frage mich, ob die Prophetie wirklich mit Mohamed abgeschlossen ist, wie das die Muslime sagen. Mir kommt in den Sinn, dass für Paulus die Prophetie eine Gnadengabe ist. Also muss es weiterhin in der Menschheit Prophetie geben können. Nur blitzartig, in einem Sekundenmoment, sehe ich die Möglichkeit und die Bedeutung der fortwährenden Prophetie für die Christenheit. Dabei geht es darum, dass im Geist Gottes die Offenbarung so neu erschlossen wird, dass die Menschen von ihr getroffen und verwandelt werden. Diese Prophetie muss heute auch die säkulare Welt neu für den Glauben erschliessen. Das sehe ich in aller Klarheit für einen kurzen Moment, der mir zum innigen Weihnachtserlebnis wird. Dabei schaue ich auf zu der Maria mit ihrem Strahlenkranz. Sie ist die Seele, welche das Kind des Geistes gebiert.

Krippe in der Kirche St.Maria Einzug des Priesters Friedensgruss Kirche St.Maria
Einzug des Priesters Andachtsbilder mit Kerzen Das Jesuskind Franziskus mit Jesuskind
Maria mit Strahlenkranz Pater Ezio mit Freunden Geselligkeit nach der Kirche St.Maria nacht um 2 Uhr

Nach dem Gottesdienst sind alle, die sich noch Zeit nehmen, zu einem Apéro eingeladen. Da lerne ich auch den Franziskanermönch Padre Ezio kennen, der seit 1948 nach Istambul kam und seit 1980 in Ismir den zentralen Gemeindeteil mit den Kirchen St.Polykarp und St.Maria betreut. Er sagt mir, dass es Ismir etwas 1200 Katholiken gebe, dass die Kirche St. Maria 1733 erbaut worden ist und nach einem Brand 1889 ein neues Dach erhalten hat.
Ich spreche auch länger mit einer Italienerin, die mit einem Engländer verheiratet ist und in Kusadasi ein Juweliergeschäft betreibt. Auch ihre Tocher und Enkelkinder sind anwesend. Weiter spreche ich mit einem türkischen Polizeioffizier, der zum Pater Ezio ein enges Verhältnis hat (siehe Bild unten). Er gibt mir seine Visitenkarte. Ich soll ihn anrufen, wenn ich in Ismir etwas brauche. Als ich mich auf den Weg mache, ist es bereits 2 Uhr. Ein Taxi fährt mich für 4 Franken zum Hotel.

Izmir, Weihnachten, 25.12.05

Weihnachten im Lighthouse
Am Sonntag, 25. Dezember, erwache ich erst gegen 10 Uhr. Ich bin erstaunt über meinen Schlaf. Doch das Erdbeben am gestrigen 24.12. hatte mir den Schlaf geraubt.
Nach dem Frühstück bin ich noch immer unsicher, in welche Kirche ich an diesem Morgen gehen will. Um nicht zuviel Zeit zu verlieren, nimm ich das Auto. Ich will bei der Kirche St.Polykarp (dem Grab des ersten Bischofs von Smyrna) vorbeischauen, gerate aber in eine Strasse, die weiter führt zu dem «Lighthouse», der an zweiter Stelle vorgesehen Destination. So bleibe ich auf dem eingeschlagenen Weg und finde nach längerem Suchen zu den Räumen der freikirchlichen Initiative «Lighthouse».
Das Zentrum dieser evangelistischen Gemeinschaft ist im 6. Stock eines Hochhauses (wo die Zeitung Milliyt ihren Sitz hat) in der Nähe des Bahnhofs Alcancac. Wie ich da ankomme, bin ich überrascht über die Grösse der Räumlichkeiten. Über das ganze 6. Stockwert erstrecken sich die Räume der Gemeinschaft, die im letzten Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert hat.

Barbara, die mir vor drei Wochen am Basar der anglikanischen Kirche von dieser Arbeit erzählt hat, begrüsst mich herzlich. Sie freut sich, dass ich vorbeischaue. Der Weihnachtsgottesdienst hat bereits begonnen. Lange werden Anbetungslieder gesungen. Ich schätze, dass da 300 bis 400 Leute anwesend sind, zu 95 Prozent Türken.
Die Gemeinde hat einen grossen und gut ausgestatteten Versammlungsraum. Da gibt es Grossbild-TV's, die aber heute Morgen nur das Bild der drei Könige eingeblendet haben, über welches jeweils die Liedertexte zu sehen sind. Die Begleitband ist reich ausgestattet mit etwa 5 Instrumenten und 5 Sängerinnen und Sänger.
Die Predigt wird von einem jungen Türken auf Türkisch frei gehalten. Ich sitze in eine Ecke, wo eine junge Frau die Predigt auf Englisch übersetzt.
Der Inhalt der Predigt über die Weihnachtsgeschichte des Lukas ist etwa folgender: Jesus ist geboren, auf die Welt gekommen. Diese Geburt aber ist nur der Anfang. Wir dürfen nicht beim Jesuskind stehen bleiben. Dieser Jesus ist auf die Welt gekommen, um Sünder zu retten. Er bringt neues Leben. Das ist vergleichbar mit dem Leben von Atatürk. Wenn wir dessen Geburtstag feiern, so steht uns sein Werk vor Augen. So steht heute auch das Werk Jesu vor unsern Augen. Jesus hat sein Leben hingegeben, damit wir leben haben. Dieser Jesus erklärte dem Nikodemus (Joh. 3), dass wir von neuem geboren werden müssen, um das Leben zu finden. Ohne die Neugeburt im Geist können wir das Reich Gottes nicht erfahren, werden wir nicht in das Paradies kommen. Joh. 3,16 heisst es, dass Jesus nicht in die Welt kam, um uns zu verurteilen, sondern um ums zu retten aus dem Reich der Sünde und des Todes.
Die Leute klatschen zwischen drin, wenn ein Satz, eine Aussage trifft und gut gelingt. Zum Schluss fragt der Prediger, ob da jemand sei, der Jesus noch nicht angenommen habe. Diese Leute hätten die Möglichkeit, nun nach vorne zu kommen oder nachher sich zu melden für ein Gebet und einen Segen.
Die Musik beginnt zu spielen, einige Leute kommen nach vorne und werden von freiwilligen Seelsorgerinnen und Seelsorgern ins Gebet genommen. Sie legen den Leuten eine Hand auf die Schulter und beten mit und für die Leute. Die Musik gibt dazu eine gute Kulisse und verhindert, dass das intime Gebet von andern verstanden wird.
Dann singt eine Solistin eine rührende Melodie, die ich kenne, sie aber nicht einordnen kann.
Weitere Lobpreislieder und einige Worte des Gemeindeleiters, einem Deutschen aus dem Schwabenland, runden die Feier ab. Es ergeht eine Einladung für den nächsten Sonntag, Auch während der Woche ist das «lighthouse» offen.

Lighthouse-Gottesdienst Die Übersetzerin Die Begleitband Der Kinderhort
Das Jugendzimmer Apéro im Vorraum Salih und der Schwede Bibliothek mit Ausblick


Begegnung mit Salih, einem interessierten Muslim
Nun folgt der gesellige Teil. Draussen sehe ich, dass es da ein Zimmer für die Kleinkinderbetreuung gibt und einen grosszügigen Raum für die grösseren Kinder.
In der grossen Vorhalle wurde alles bereitet für Kaffe und Kuchen. Die Leute bedienen sich und werden bedient. Wie ich da meinen Kaffe trinke, kommt ein junger Mann zu mir, und wir lernen einander kennen. Salih studiert in Buca, Izmir, Wirtschaft, ist 23 Jahre alt und kommt aus dem Süden der Türkei.
Der Anlass hat ihm gut gefallen, er ist Muslim, will aber mehr erfahren über das Leben der Christen und über diese Religion. Er denkt nicht an einen Religionswechsel, aber hat das Bedürfnis, andere Religionen kennen zu lernen. Er war auch in Buca, wo die Universität ist, bereits in der Baptistenkirche (>>> siehe Izmir, 4. Dezember).
Ich freue mich sehr, einem so offenen und interessierten Muslim zu begegnen. Ich erzähle ihm von meinem Begegnungen mit dem Islam in Akhisar. Ich möchte wissen, wie stark er seinen Islam lebt, ob er das Gebet könne. Selbstverständlich. Ob ich es hören dürfe? Da sagt er mit die Koranverse in schöner arabischer Sprache auf, leise und intim voller Respekt.
Lange reden wir darüber, wie wichtig und bereichernd das ist, wenn man andere Religionen von innen kennen lernt. Ich erzähle ihm, dass ich die Muslime bisher sehr änglstlich und zurückhaltend gegenüber dem Christentum erlebt habe. Sie wollen nicht die Bibel lesen, geschweige denn einen Gottesdienst besuchen. Salih meint, dass noch eine Generation Zeit vorbei gehen müsse, bis das anderes wird. Die ältere Generation werde das nicht mehr lernen können, doch die junge Generation interessiere sich für andere Religionen.
Dann wird unsere Gesprächsrunde durch einen Schweden bereichert, der hier ehrenamtlich mitarbeitet, ansonsten aber, wie er sagt, in der Tourismusbranche tätig ist.
Er bestätigt unsere Themen von vorher. Das grösste Übel in der Welt sei die pauschale Verurteilung von Anhängern, deren Lehre man nicht kenne. Er erklärt es am Beispiel des Marxismus. Den könne man erst beurteilen, wenn man Marx usw. gelesen habe.
So sei es auch mit der Beurteilung des Christentums. Man müsse zurückgehen zu den Quellen und sich ein eigenes Bild davon verschaffen. Dann hält er uns eine kleine Predigt und legt 5 Weisen dar, wie Jesus als Wirklichkeit erfahren werden kann. 1. Über die Schöpfung. Die Schöpfung sei aus dem Wort Gottes entstanden und darum zeuge die Natur von dem Wort Gottes. 2. Gibt es das historische Zeugnis von Jesus, auch in römischen Quellen. Der 3. Beweis für die Realität von Jesus sei die Kirche. Entweder müssten alle diese Leute der Kirchen falsch gewickelt sein, oder es ist etwas dran an der Sache. Der 4. Zugang zu Jesus ist der Geist, der in uns ein Zeugnis für Jesus möglich macht. Und der 5. Zugang, erst der 5., ist die Heilige Schrift, die von Jesus zeugt. Ich lasse den Schweden und Salih etwas alleine sprechen und begrüsse Helmut Frank, den schwäbischen Pfarrer und Gemeindeleiter.
Dieser zeigt mir die Räume, die Büros, die Bibliothek usw. und berichtet von einem William Ramsey, der im letzten Jahrhundert eine musterhafte Auslegung der Johannesoffenbarung geschrieben habe. Ein Professor Mark Wilson, ein Neutestamentler aus den USA, habe diese Werke neu herausgegeben. Mark Wilson sei öfters in Izmir, um hier an der Universität die künftigen Reiseführer für die biblischen Orte auszubilden. Und Mark Wilsen sei derzeit daran, ein Zentrum für biblische Studien in Izmir zu eröffnen. Das interessiert mich natürlich sehr, und ich erhalte von Helmut Frank die E-Mail-Adresse dieses Professors.

Am Nachmittag sitze ich in einem Teehaus, präpariere Bilder für die Website und schlendere durch die Gassen von Izmir. Ich komme auch an einer Disco vorbei, wo ich kurz hineinschauen darf. Die Stimmung da drin scheint mir eher etwas düster. Die hälte der Leute tanzen, einige junge Frauen tanzen auf der Bartheke zu den Technoklängen. Unterweg treffe ich auch eine Katzenmutter, die jeweils gegen 20 wilde Katzen bei einem Autopark füttert.

In der Disco Katzenmutter In der Metro Moderne Metro von Izmir
Ron, zuständig für die Küche Die Tischgemeinschaft Ayser, der Palästinenser Adolfo und Numan


Besuch bei Leslie Lewis
Am Abend bin ich bei Leslie Lewis, der anglikanischen Priesterin aus Kanada, eingeladen.
Ihr Mann bereitet einen Truthahn, auch die beiden Kinder der Familie sind auf Besuch, zudem hat sie drei Studenten eingeladen.
Die Fahrt zu Haus von Leslie ist ein kleines Abenteuer. Erstmals fahre ich Metro in Izmir und bin überrascht, wie sauber und modern diese Metro ist. Dann muss ich mich mit Karte und Adresse durchfragen, mache einen Parcour durch die Gegend und werde dann, nachdem ich zuerst an einer falschen Türe geklingelt habe, von einem Mädchen zur richtigen Wohnung geführt.
Ich werde mit einem Scotch begrüsst. Ich weiss nicht, was das ist, schmecke es dann aber bald. Es ist ein schottischer Wiski. Bald treffen auch die drei Studenten ein, welche den Abend sehr bereichern. Das ist Adolfo, ein Schwarzer aus Mosambique, der es dank guten Noten geschafft hat, von der Türkei ein Stipendium zu erhalten. Er studiert wie sein Kollege Numan, ein Türke, Management. Der dritte Student ist Ayser aus Dubai in den Vereinigten Emiraten. Seine Eltern sind Palästinenser, der Vater Muslim, die Mutter Christin. Er hat beide Religionen kennen gelernt und tendiert eher zum Christentum, will aber noch mehr darüber erfahren. Adolfo ist Christ, und kann an dem Abend bei unsern Glaubensgesprächen stets auch für unsern türkischen Freund übersetzen, der nur wenig Englisch spricht.
Wir essen gediegen. Ron, der Ehemann von Leslie, hat alles bereitet. Stolz präsentiert er dann den Truthahn, später einen speziellen Dessert aus Dörrfrüchten.
Als kleine Überraschung erhalten alle ein kleines Paket. Darin ist eine Pfeife, eine Nummer und eine Krone mit Musiknoten darauf. Alle kleben dann ihre Nummer auf den Pullover und schon kann das Konzert beginnen. Der Sohn von Leslie dirigiert mit dem Stab. Auf wen er zeigt, der muss pfeifen. So erklingen einige Weihnachtslieder. Andacht ist da nicht viel dab ei, eher amüsieren wir uns. Die drei Studenten wachsen mir an dem Abend richtig ans Herz. Wieder begegne ich dem offenen, neuen Geist der Jugend. Der Palästinenser hat eine versöhnliche und sehr differenzierte Beziehung zu den Juden und zu Israel - im Vergleich zu den Pauschalurteilen, denen ich da in der Türkei oft begegne. Der Afrikaner mit seinem fröhlichen Naturell und intensiven Lebensbeziehung ist für seine Freunde ein grosser Reichtum. Die Freundschaft zwischen ihm und dem Türken ist sehr innig.
Spät am Abend verabschieden wir uns. Ich fahre mit der Metro wieder heim. Ich werde mich noch mit einem E-Mail für den schönen Abend bedanken.

Hier folgen dann noch einige Bilder von Ismir, die ich vor meiner Abfahr gemacht habe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
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