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Berichte aus Alasehir (Philadelphia): 2. bis 9. Januar 2005

>>>zu Montag, 2. Januar 2005
>>>zu Dienstag, 3. Januar 2005
>>> zu Mittwoch, 4. Januar 2005
>>> zu Donnerstag, 5. Jaunar 2005
>>> zu Freitag, 6. Januar 2005
>>> zu Samstag, 7. Januar 2005
>>> zu Sonntag, 8. Januar 2005
>>> zu Montag, 9. Januar 2005
>>> zu Dienstag, 10. Januar 2005 (Bajram, das Opferfest)

 

Montag, 2. Januar 2006: Philadelphia / Alasehir

Gegen 4 Uhr fahre ich in Salihli, der 5. Gemeinde, los. Die Fahrt nach Alesehir, der 6. Gemeinde, dauert knapp eine Stunde.
Unterwegs Richtung Osten sehe ich wieder die weiten Ebenen dieses Tales. In der Ferne südlich und nördlich leicht ansteigende Berge. Man fährt durchwegs fast 120 Stundenkilometer, die vielen Lastwagen natürlich langsamer. Auf der etwa 50 km langen Strecke gibt es zwei, drei grössere Orte, und - für schweizer Augen - unendlich scheinende Felder mit Rebstöcken und im Winter ruhenden Feldern.

Ankunft, Hotelsuche
Alasehir liegt an einem ganz leicht steigenden Abhang. Ich fahre in die Stadt hinein. Zuunterst scheint das neuere Zentrum zu sein. Ich sehe mehrere Hotels. Östlich davon ist morgen der grosse Markt.
Ich fahre die Hauptstrasse rauf, die südöstlich aufsteigt, mich vorbeiführt an den Ruinen der Johanneskirche und bis an die oberen Zonen von Alasehir bringt. Da ist eine Schule, wo die Kinder auf dem Pausenplatz Fussball spielen, daneben eine Moschee. Ich fotografiere sie und sie üben ihr Englischmit mir. Sie fragen, ob ich ein Missionar bin und ob ich Georg kenne, den amerikanischen Missionar. Seltsam, dass das für diese Kinder ein Thema ist. Scheinbar hat Norbert Recht. Er erzählte mir, dass in Alesehir zwei Amerikaner sind oder waren, die etwas Aufruhr verursacht haben, indem sie sich ungeschickt verhalten hätten.
Bei der Abfahrt biege ich in eine Nebenstrasse, die zum oberen, alten Zentrum führt. Auch da gibt es Hotels. Ich schaue mir zwei Zimmer an, bin aber nicht so glücklich. Das erst ist dunkel und schmudelig, das zweite kalt. Zwar wird mit ein Elektroheizer organisier, doch ich suche weiter. In einem schönen Hotel sagt man mir, dass sie besetzt sind. Der junge Mann führt mich zu einem andern Hotel, das er für mich passend findet: das Dreisternhotel Sahin unten beim Eingang in die Stadt, wo morgen auch der Markt ist.
Ich bin sofort beeindruckt von der Qualität des Hotels. Eine junge Frau zeigt mir ein schönes, grosses Zimmer mit Balkon. Da gibt es auch einen Wireless-Anschluss für das Internet, den ich gleich ausprobiere - und er klappt. Der jungen Frau kann ich an Hand meiner Internetseite zeigen, was ich hier während der nächsten Woche vor habe.

Unten habe ich gelesen: 30 $ pro Person, umgerechnet 45 Lira. Ich frage nach einem Spezialpreis, weil ich eine Woche bleibe. Sie schlägt mir 40 Lira pro Tag vor, doch ich muss gleich die ganze Woche bezahlen. Zum Empfang erhalte ich ein etwa 70-seitiges Heft, das die Stadt Alasehir im Jahr 2000 hat drucken lassen. Neben viel Werbung findet sich da alles, was die Stadt zu bieten hat.
Ein junger Mann (ohne Portieruniform) hilft mir, das Gepäck ins Zimmer zu tragen. Da richte ich mich wohnlich ein, mache einen kleinen Spaziergang und esse im Restaurant des Hotels ganz gut, mit 15 Lira auch etwas teurer als üblich.
Das Dreisternhotel Sahin
liegt gleich am Eingang
der Stadt beim Markt.
Mein Zimmer für
die Woche in
Alasehir (Philadelphia)


Dienstag, 3. Januar 2006: Philadelphia / Alasehir

Nachtragen der Arbeitsjournale
Heute Morgen schaue ich mich auf meinem Laptop um und finde viele angefangene oder unerledigte Arbeiten. So habe ich mir einmal vorgenommen, die Tagebucheinträge ab Mai 2005, welche die Johannesoffenbarung betreffen, quasi als Arbeitsjournale aufs Netz zu bringen. Ich liess die Arbeit liegen und nahm mir vor, das während meiner Reise nachzutragen. Nun trage ich heute die Monate Mai (mit der Leserreise) und Juni nach. Dabei hatte ich mich im Vorfeld oft nach den Motiven gefragt, die eine Veröffentlichung dieser Aphorismen und teils persönlichen Überlegungen, Einsichten, auch Träumen und Plänen, berechtigt. Eine klare Antwort habe ich nicht gefunden, doch während der Arbeit habe ich gemerkt, wie es für mich selber wertvoll ist, meinen Weg mit der Apokalypse zu reflektieren und nachzuerleben.
Als ich vor einigen Tagen bei Norbert und Louise war und ihre Lebensgeschichte voller Interesse wahrgenommen habe, bedankten sie sich nachher für meine Aufmerksamkeit und das Nachfragen. Sie hätten bei diesen Erzählungen wieder die geistlichen Schlüsselerfahrungen und den grossen Bogen der Führung Gottes erinnert. Das habe Mut gemacht in einer Zeit der Unsicherheiten und Zweifel. So ging es auch mir heute Morgen beim Nachtragen dieser Arbeitsjournale.
>>> zum Arbeitsjournal Mai 05
>>> zum Arbeitsjournal Juni 05

Ein Bummel durch Alasehir
Gegen 2 Uhr begebe ich mich raus zum Basar. Heute ist in Alasehir Markttag - gleich vor meinem Hotel. Inzwischen kenne ich diese Märkte, sie wiederholen sich mit immer ähnlichen Produkten.
Die Stadt aber hat ihr eigenes Gepräge, allein durch die Lage an einem leicht steigenden Hang. Unten gibt es einen grossen Kreisel, hier ist quasi das untere Zentrum, von dem man die Hotels, den Markt, die obere Stadt oder den Weg raus aus Alasehir nimmt. Nur eine Hauptstrasse führt schräg Richtung Westen hinaus. Die andern Strassen sind übersichtlich angelegt, von Westen nach Osten, und die aufsteigenden Strassen von Norden nach Süden. Hin und wieder stosse ich auf ein osmanisches Haus oder eine Karawanserei. Zur Hauptsache aber ist die Bausubstanz eher neu. Die Stadt scheint mir reicher als Salihli, obwohl sie mit etwas 60'000 Einwohnern kleiner ist.
An antiken Gebäuden ist hier nicht viel übrig geblieben. Die Stadt hat zwar eine kontinuierliche Geschichte seit etwa 5000 Jahren, doch weil sie dank ihrer strategischen Lage am Handelsweg nach Osten stets bewohnt war, hat man über die alte Bausubstanz hinweg gebaut. Da und dort sehe ich grosse weisse Quader an Mauern oder Häusern. Die alten Baumaterialien wurden so teils wieder verwendet. Ich besuche eine grosse Bazar-Moschee im Zentrum - ein Prestigebau oder eher Prunkbau aus den 80-er Jahren. Der Imam war auch vier Jahre in Deutschland, hat aber kaum Deutsch gelernt. Auch vom Typ her interessiert er mich kaum.
Ganz in der Nähe sind auch die eingezäunten Ruinen der Johanneskirche, etwa aus dem 7. Jh, doch auf einen römischen Tempel gebaut. Mich interessieren die Kinder, die aus der Schule kommen und mit mir ihr Englisch übern wollen, mehr als diese Steine.
Dann steige ich ganz rauf auf einen Aussichtspunkt, den die Stadt Alasehir mit ihren charakteristischen Elementen der Gartengestaltung als Panoramapark gestaltet. Die Zäune sind aus Beton, aber in der Gestalt von dicken Holzästen, alles braun bemalt. Auch die Bänklein haben dasselbe «Cooperate Identiti». An einer markanten Stelle wurde etwas ausgegraben. Man sieht, dass auch die antike Stadt diesen Panoramahügel genutzt hat.

Der Dienstagsmarkt Schafe für das Opferfest Werben für seine Produkte Armer Mann
Oliven an allen Farben Am Markttag kommt sie raus Der grosse Kreisel Markt am Abend
Lang gezogene Strassen in Richtung Ost-West, rechts die schräg aufsteigende Hauptstrassse von Alasehir
Die Pazar-Moschee aus dem Jahr 1979 im Zentrum von Alasehir - da wurde für viel Geld das Handwerk unterstützt.
Die Johannesbasilika - der touristische Trumpf der Stadt … auf dem Schulplatz «Fäzli gleit» und Fussballspiel
Blick über Alesehir und das Tal. Da und dort Ruinen von Philaselphia und Gartengestaltung der neuen Stadt

Besuch in einem Dorf
Während ich das Dunkelwerden in einem Teehaus am Basar geniesse und dazu lese, steht pötzlich Mustafa aus Salihli vor mir. Das ist der Mann, der mich mit seiner charmanten Art in Salihli geführt hat, zum Hotel, zu Norbert, durch die Stadt usw. Auch Norbert hatte mir gesagt, dass der Junggeselle Mustafa, der seine Mutter betreut, engelhafte Züge habe - was das Vermitteln von Kontakten betrifft. Mustafa hat vom Erbe seines Vaters hier noch einen Weinberg. Er müsse bei den Leuten vorbei, die ihn gepachtet haben. Und er schlägt mir vor, nachher einen seiner wichtigsten Jugendfreunde zu besuchen, etwa 20 km von hier.
Eigentlich wollte ich heimgehen, da ich den ganzen Nachmittag gebummelt habe. Doch ich nimm den Vorschlag an. Mit meinem Auto lässt sich das natürlich leicht machen.
Die Pächter des Rebbergs, ein älteres Ehepaar, überraschen wir beim Nachtessen. Mustafa hatte mir erzählt, dass er wegen dem Zins etwas Sorgen habe. Er konnte auf den 1. Januar selber nicht alle Steuern bezahlen, da die Leute allgemeind kein Geld haben, auch die Bewohner seines Hauses können den Zins nicht zahlen. Der alte Mann begrüsst mich mit Bruderkuss. Es sind liebe Menschen, aber wirklich arm. Mustafa geht mit ihnen in ein Nebenzimmer und kommt dann mit einem grossen Kübel Olivenöl. Der Rebberg habe aich viele Olivenbäume. Das Öl ist nun der Zins in Naturalien.

Wir brechen bald auf und fahren durch verlassene Nebenstrassen. Mustafa muss anrufen, damit wir das Haus finden. Wieder werden wir herzlich begrüsst. Der Freund von Mustafa hat richtig Freude. Ein 10 Tage altes Baby ist der Star des Abends. Die Grossmutter liebkost es und schaut zu ihm. Dann tischt die eine Tochter auf . Dazu wird ein Holzring auf den Boden gelegt, darüber ein Tuch und aufs ganze eine Platte mit Esswaaren: Erbsensuppe und Brot, ein Poulet, eigenes Jogurt, süsse Brombeeren, Nüsse, Feigen, Trauben und Tee. Mustafa übersetzt mir die Gespräche. Das geniesse ich . Er ist sehr aufmerksam und will, dass ich türkisch lerne. Auch erklärt er mir immer mal wieder eine grammatikalische Regel. Mustafas Freund erzählt von Leben im Dorf, von den Trauben, die im Kühlhaus lagern und nach Russland gehen, von seinen Kühen und von antiken Ruinen gleich beim Dorf. Wir verabreden uns für Donnerstag - Musthaffe meint, dass er vielleicht auch komme, ev. sogar mit Norbert.
Auf der Heimfahrt erzählt er mir über die alten Lieder, die wir im Radio hören. Er kennt sie, singt mit und übersetzt. In Alasehir hat er gleich einen Buss nach Salihli.

Die Pächter, die nicht zinsen können. Der Star des Abends in der Familie auf dem Dorf Nachtessen auf dem Boden in der Stube Die stolze Grossmutter schaut gut zum Baby

Eine unangenehme Nacht und ein Fasttag

Wieder in meinem Hotel suche ich mit dem Internet den Kontakt mit der Welt, aber da funktioniert nichts. Ich beginne alle Einstellungen zu prüfen, bin aber ratlos. Der Air-Port ist aktiviert. Ich merke, dass ich vom Hotel her auf Empfang bin. Aber ich komme nicht raus. Da rufe ich in der Schweiz Roman Gutzwiller an, meinen Computerbetreuer. Doch auch er findet über die «Ferndiagnose» den Fehler nicht. Er macht mich darauf aufmerksam, dass es auch an den Servern in der Türkei liegen könnte, welche den Mailverkehr regeln. Unten im Hotel treffe ich dann tatsächlich jemand, der mir sagt, dass da in der Gegend für zwei Tag nichts mehr gehe mit dem Internet. Man hätte grosse Probleme. So bin ich, was dieses Problem betrifft, beruhigt. Doch da beginnt mein Magen zu rumoren mit Blähungen und Übelkeit. Als Therapie lege ich mich aufs Bett und höre die ganze Apokalypse an. Gegen 1 Uhr bin ich beim himmlischen Jerusalem, aber noch ohne Schlaf. Um nicht einfach da zu liegen, beginne ich mit Fleissarbeiten am Computer. Im Hotel kriege ich einen Rakki, einen Anisschnaps, und hoffe, dass das den Magen beruhigt. Gegen drei schlafe ich etwas, aber nur oberflächlich bis 7 Uhr. Dann bin ich in dem Gefühl der Übelkeit wieder wach und arbeite weiter.

Mittwoch, 4.1.06: Alesehir / Philadelphia

Mit meiner Übelkeit gehe ich in den Tag. Ich sitze in meinem Zimmer, trinke Tee und mache endlich Arbeiten, die ich immer heraus geschoben habe, z.B. die fotografierten Bilder zur Apokalypse ausschneiden und für das Netz präparieren.
Nun ist es 14 Uhr und ich muss mal an die frische Luft raus.
Die Müdigkeit und die noch immer etwas anhaltende Übelkeit schlägt natürlich auch etwas aufs Gemüt. Ein Hauch von Traurigkeit und Einsamkeit regt sich, auch gewisse Zweifel am ganzen Unternehmen kann ich nicht unterdrücken.

Ich war nur kurz draussen, kaufte Coca Cola und erzähle das auch noch laut unten im Hotel. Sie machen mich darauf aufmerksam, dass es im Kühlschrank im Zimmer auch Cola gibt. Der Service hier, auch das Restaurant, muss kämpfen um Kunden, es ist nicht viel los in dieser Zeit. Da sind unzählige Angsetellte, die auf Arbeit warten. Ds Restaurant ist bis Mitternacht offen mit einem grossen Menuangebot.
Am Nachmittag beginne ich den nächsten Kirchenboten vorzubereiten und komme doch ganz schön vorwärts, bringe endlich Ordnung in die Mails. Und gegen Abend funktioniert auch wieder das Internet.

Donnerstag, 5.1.05: Philadelphia / Alasehire

Nach einem gesunden Schlaf esse ich heute auch wieder Frühstück, allerdings weder Oliven, noch Käse, Tomaten oder Ei. Nur Brot mit Marmelade und Tee. Es scheint, dass mein Magen wieder gesundet. Noch fühlt er sich etwas hart an. Ich faste heute noch etwas und bearbeite weiter die fotografierten Bilder der Beatusapokalypse. Die Illustrationen faszinieren mich. Ich kenne keine andere Malschule, die so genau hingeschaut, hingehorcht hat und die Details erfasst. Ich präpariere alle Bilder und will sie später zu einer Ausstellung auf dem Netz zusammenstellen. Noch bin ich unsicher über die Bildrechte. Von Rechtes wegen müsste ich sie beim Verlag einholen. Ich sehe einige Bilder, die ich dann zu dem Link «Die 22 Kapitel» als Illustration einfügen will. Und ich merke, wie viel Arbeit an meiner Homepage noch zu tun ist.
Weiter bringe ich endlich meinen Text über das 6. Kapitel, die Siegelvisionen, aufs Netzt. Dazu muss ich einige Passsagen aus dem Tagebuch in Salihli (Sardes) übernehmen, dann da habe ich im Arbeitsjournal meine Auslegung in die Berichte über den Tag geschrieben. Somit erhält der Text (>>> Erläuterungen zum himmlischen Buch und zu den Analogien zwischen den 7 Siegelvisionen, den 7 Posaunenvisionen und den 7 Schalenvisionen) gewisse Brüche und Wiederholungen. Ich merke, dass das alles Vorübungen sind auf eine Auslegung, die ich frühestens in 10 Jahren ausgereift sein kann.

Die 144'000 Versiegelten
Dann erhalte ich ein Mail von Andreas Fischer mit dem Bonhoeffertext für den nächsten Kirchenboten. Ich schreibe ihm zurück, dass mir der Text gefällt und dass Bonhoeffer wohl zu den 144'000 Versiegelten gehört (Apk. 7), über die ich mir zur Zeit den Kopf zerbreche. Sind die aus den 12 Stämmen Israels Versiegelten Juden oder symbolisieren sie das neue Israel, die Kirche – oder sind damit gar Menschen mit einer speziellen Aufgabe bezeichnet. Dass die Versiegelung allein vor den Leiden der Endzeit verschonen soll, wie viele Exegeten sagen, kann es ja nicht sein. Die 144'000 deuten auf eine Elite im Reich der Himmel, wie ich vor allem der Schau Apk. 14, 1-5 entnehme. Denn diese Bezeichneten sind jungfräulich geblieben, sind dem Lamm nachgefolgt und sind aus den Menschen als Erstlinge erkauft worden, sie sind untadelig - so, wie mir heute Unus Embre geschildert wurde, der in Kula begraben ist.
Andreas Fischer antwortet mir, dass er sich freue, mit mir über diese Fragen diskutieren zu können. Er schickt mir einen Text über die Naherwartung, den er für das Kirchenblatt im Kt. Appenzell geschrieben hat. Der Text gefällt mir so gut und er passt zu meinem Thema der Homepage, dass ich ihn auf das Netz stellen will.

Ausflug nach Kula
Gegen zwei Uhr klingelt mein Telefon. Ich weiss es schon, wer da ist: Mein Reiseengel Mustafa. Er hat sein Versprechen eingehalten und will mit mir nach Kula, einer historischen Stadt in den Bergen mit unzähligen (800) alten osmanischen Häusern.
Natürlich halten wir zuerst bei seinem Jugendfreund, der mitkommen soll. Und da gibt es eine kleine Stärkung, Gäste sind da - überhaupt fällt mir auf, wie frei, zeitlos und ungezwungen das Leben auf dem Dorf läuft. Man besucht einander den ganzen Tag - so wie auch die Läden in der Stadt bis Mitternacht offen haben, weil die Leute an diesen Orten leben.
Wohl schon zu spät fahren wir los bei regnerischem Wetter hinauf in die Berge. Der Wegweiser zeigte 28 km, doch mir scheint der Weg unendlich. Wir begegnen etwa drei andern Autos unterwegs. Bei einem Hirten steige ich aus und mache einige schöne Fotos.
Am Eingang zu Kula halten wir bei einer Fabrik, wo Nüsse gröstet werden. Es ist ein mittelgrosser Betrieb mit etwa zehn Angestellten, die Erdnüsse, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Kirchererbsen, Haselnüsse usw. rösten, salzen oder süssen und verpacken. Diese Produkte, die in der Türkei an jeder Ecke angeboten werden, in den Häusern angeboten oder unterwegs gegessen werden, sind hier Grundnahrungsmittel - vor allem für Zwischendurch.

Leider dunkelt es bereits, wie wir nach Kula fahren. Mustafa führt uns zum Rathaus, wo ein Bekannter vom arbeitet. Da fragt er nach einem Büchlein über die Stadt. Es gibt da ein Exemplar auf Englisch, das für mich kopiert wird. Bei Tee sprechen wir über die stolze Geschichte der Stadt, die mit Boston in Amerika eine Freundschaft pflegt. Die Architekturfakultät habe die historische Substanz der Häuser von Kula erkannt und helfe bei der Renovation. Am Eingang zum Rathaus liegt ein Stein mit einem Fussabdruck eines Riesen. Kula liegt am Fuss eines Vulkans, der in vorchristlicher Zeit oft ausgebrochen ist. Schon im Altertum habe man im Lava diesen Fussabdruck gefunden, der darauf schliessen lasse, dass früher Riesen die Erde bevölkert hätten, wie das die Bibel (1. Mose 6,4) und der Koran bestätigen.
Dann fahren wir zu einem renovierten Haus, das zugleich ein kleines Museum ist mit unzähligen historischen Fotos, die Anlass geben, die Geschichte der Stadt uns erzählen zu lassen. In Kula liegt auch der bekannte islamische Mystiker und Poet Unus Embre begraben. Im Museum hängt ein grosse Bild als Teppich gewoben von ihm. Der Freund von Mustafa ist ganz hingerissen und sagt den Namen von Embre stets vor sich hin. Er liebt ihn von Herzen. Auf der Heimfahrt reden wir über diesen Poeten. Mustafa sagt: Ihr habt Goethe, wir haben Unus Embre. Er war ein vollendetet Mensch. Die Art, wie Mustafa in seinem brüschigen Englisch und Deutsch die Bedeutung dieses Mannes zu umschreiben versucht, berührt mich.
Leider ist es bereits dunkel, wie wir durch diesen Teil der Stadt fahren - durch Strassen, die mir genau so breit scheinen, wie das Auto. Ich muss richtig zirkeln.
Wieder geht es über die Berge, jetzt eine etwas schnellere Strasse, zurück in das breite Tal, zuerst zum Haus des Freundes von Mustafa, wo wir ein feines Nachtessen erhalten - kleine Fische im Öl gebraten, dazu Käse und Ei und «türkischen Wein» - das ist eingedickter Traubensaft, in dem das Brot getüncht wird. Beim Essen schauen wir die DVD's von der Hochzeit des Sohnes (19.2.05 - Datum und Zeit ist stets eingeblendet), dem Vater des Babys (siehe Dienstag). Das ist mir schon bei den Hochzeiten in Selcuk und Bergama aufgefallen, dass man hier einen Filmer anstellt, der den ganzen Tag dokumentiert. Die Hochzeit geht über 4 DVD's, beginnend am Morgen bis in die Nacht. Alle Szenen spielen vor dem Haus. Das ganze Dorf ist dabei. Ich frage irgendwann, ob da auch Alkohol ausgeschenkt werde. Hier nicht, ist die Antwort, aber einige Leute trinken wo anders. Und spät am Abend gebe es auch eine Trinkerrunde, die im 4. DVD sichtbar sei. Diese Szene wird mir dann gezeigt. Mustafa, der auch bei der Hochzeit war, schüttelt den Kopf über diese Trinkerrunde (nur Männer, vor allem die Musiker). Es wird gesungen und getanzt.

Um 21 Uhr sind wir wieder in Alasehir. Mustafa nimmt den Buss nach Istambul und steigt in Salihli aus. Ich sitze alleine etwas im Restaurant und lese über die 144'000 Versiegelten und die grosse Schar aus allen Völkern, Sprachen und Nationen (Kap 7), dann schreibe ich diese Texte und es ist Zeit zum Schlafen.
Vorher will ich hier aber noch einige Bilder des Tages zeigen:

Strasse zum Dorf Die Familie im Dorf Der Hof im Regenwetter Haje mit Kind des Bruders
Eine Kuh im Stall des Hofes Unterwegs nach Kula in Hirte in traditioneller Tracht Die Bergstrasse nach Kula
Kichererbsen rösten Sonnenblumenkerne schälen Erdüsse salzen und rösten Sonnenblumenkerne
Fussabdruck eines Riesen Historisches Gefährt Im Museum von Kula Restauriertes osm. Haus


Freitag, 6. Januar 2006: Philadelphia / Alasehir

Das islamische Opferfest naht
Heute Morgen erwache ich in Gedanken an das nahende islamische Opferfest Bayram am Dienstag, 10. Januar. Halb träumend bin ich in Gedanken in Akhisar (Thyatira) bei meinem Freund Imam Efe Mehmet Emin und Familie, auch bei Sohn Safa. Dort hatte ich viel über das Fest erfahren.
Ich studiere dann den Kalender und konzipiere einen «Farbplan» für die verbleibenden Tag. Ich erwäge, für das Bayramfest nach Akhisar, und erst am Mi., 11. Januar nach Denizli (Laodizea, die 7. Gemeinde) zu fahren. Aber in der Türkei darf man auch improvisieren. Ich schlafe erstmal über diese Idee.

Dann suche im Internet nach Informationen zum Opferfest. Einen kurzen Überblick bieten folgende Seiten:
>>> https://www.wshoffmann.de/artikel/kurban.html
>>> https://de.wikipedia.org/wiki/Opferfest
>>> https://www.feste-der-religionen.de/feste/iduladha.html
Die folgende muslimische Seite reflektiert im Zusammenhang das Opfern im Allgemeinen, auch christliche Lehre vom Opfer Christi. Dann wird ausführlich die Geschichte von Abraham, Hagar und Ismael erzählt, auf welche das Opferfest gemäss Koran zurückgeht. Abraham musste nicht wie in der Bibel den Isaak opfern, sondern Hagars Sohn Ismael. Das Opfer fand in einer Wüste statt, wo heute Mekka liegt. Hagar liegt bei der Kaba begraben.
>>> https://www.muslim-markt.de/Lexikon/stichworte/o/opferfest.htm
Genaue Angaben zur rituellen Opferung im Islam, wie auch kritische Einwände von Seiten des Tierschutzes bietet die folgende Seite:
>>> https://www.opferfest.de.vu/
Die nächste Website bringt ein juristisches Gutachten von islamisch-gelehrter Seite zum Thema Schächten
>>> https://www.vikz.de/public/schaechten_dr_manfred_goetz.html

Polizeikontrolle
Gegen Mittag gehe ich raus, hinauf zur grossen zentralen Pazar-Mosche - diese Mosche wurde 1969 von einem Erdbeben völlig zerstört und 1975 neu errichtet.
>>> zu Bildern der Pazar-Moschee.
Da ist gerade das Freitagsgebet fertig. Ich fotografiere die Bauern, die vor der Moschee ihre Schafe für das Opferfest anbieten. Da passiert mir etwas Seltsames. Ein junger Mann spricht mich an. Er sei von der Polizei und wolle meine Ausweise sehen. Ich bin skeptisch und verlange, dass er sich ausweist. Da zeigt er mit seinen Ausweis. Ein Polizist in Zivil. Was er wohl vermutet? Er ist sehr streng zu mir und glaubt mir nichts - wir können aber auch gar nicht reden, jeder spricht in seiner Sprach. Ich sage ihm, in welchem Hotel ich bin. Da will er mit mir da hin gehen. Ich sehe nicht ein, wozu das gut sein soll und zeige ihm Fotos von meinem Zimmer und dem Hotel in meiner digitalen Camera. Das beruhigt ihn, und nachdem ich auch noch meinen Stempel vom Grenzübertritt gezeigt habe, lässt er mürrisch von mir - seltsam. Ich kann überhaupt nicht vorstellen, was der in mir hätte vermutet können mit seiner Strenge. Scheinbar war das etwas intim, mich nach dem grossen Gebet vor die Hauptmoschee zu stellen und die Leute beim Feilschen um die Tiere zu fotografieren. Ich bin ja kein Tierschützer, der hier gegen den Islam Bildmaterial sucht. War das der Grund für die Strenge?
Ich weiss von meinem Besuch auf dem Dorf, wie all diese Bauern auf den Verkauf ihrer Produkte angewiesen sind. Heute ist übrigens in der Altstadt auch ein Markt. Die Familie, die ich gestern auf dem Land besucht habe, geht auch mehrmals in der Woche an Märkte, die in jeder Stadt an einem andern Tag stattfinden. Das ist ihre Einnahmequelle. Heute gehe ich viel bewusster durch den Markt im Wissen, was das für die Bauern bedeutet. Und was das Schlachten der Tiere betrifft - wir tun das auch, abgeschottet von der Öffentlichkeit. Wie ich heute die islamischen Regeln bezüglich Fleischessen lese, kommt mir vieles bekannt vor aus der Apokalypse. Fortwährend wird in den Sendschreiben das Essen von Götzenopferfleisch als schlimme Sünde getadelt. Ich bin sicher, dass die frühen Christen in diesem Sinne ihre Tiere im Namen des einen Gottes schlachten mussten, wie das heute die Muslime tun. Für uns sind das weltliche Dinge geworden, die nichts mehr mit dem Glauben zu tun haben. Dem Thema Schlachten und Opfer will ich noch nachgehen.
Hier nun einige Szenen zur Vorbereitung des Opferfestes, die ich heute auf der Strasse angetroffen habe. Die Bilder lassen sich mit einem Klick auf das Bild vergrössern.


Das Projekt Apokalypse
Weiter denke ich heute über mein Studienprojekt «Unterwegs mit der Johannesoffenbarung» nach. Gerade weil so vieles nur angefangen und unvollendet ist, wird mir klar, wie ich in diesem Studienurlaub nur Samen setze, die noch auswachsen müssen. Meine Auslegungen und meine Homepage verstehe ich als Vorübungen zu etwas Fundierterem und Umfassenderen. Mir gehen viele Autorinnen und Autoren durch den Kopf und das Herz, die über die Apokalypse kompetent geschrieben haben. Mit den noch Lebenden kann ich Kontakt aufnehmen. Da gibt es Menschen, die sich schon länger und noch intensiver mit der Johannesoffenbarung beschäftigt haben. Ich kann die Beziehungen pflegen, kann die Adressen der «Freunde der Apokalypse» sammeln, kann ein Rundmail oder einen Newsletter organisieren, in dem Informationen, Einsichten und Anlässe ausgetauscht werden. Ja, ich sehe sogar vor mir, wie ich selber einmal einlade und Leute zusammenführe, die sich über die Apokalypse unterhalten und austauschen. Dazu habe ich ja auch im Vorfeld immer wieder Ideen gehabt, so vor allem jene Pläne, mit Künstlern zusammen zu arbeiten.
Es eröffnet sich ein weites, spannendes Feld, wenn ich an dem Thema bleiben kann. Das ist es, was ich mir vom Studienurlaub erhofft habe: Den Samen zu legen für ein Lebensprojekt, das gedeihen kann, weil es einer Notwendigkeit, einem Bedürfnis der Gegenwart entgegenkommt und einen Segen von Oben haben wird. Die Apokalypse in unserer Bibel ist eine Gegebenheit, die ich als Geschenk, als Offenbarung, als Gabe und Aufgabe empfinde. Dieses Buch, das wegen seiner verschlüsselten und teils beängstigenden Bilderwelt eher gemieden wird, stammt nicht nur aus einer alten Zeit und Kultur, es stammt auch aus einer Schau, aus dem Zwischenbereich zwischen Himmel und Erde. Die Johannesoffenbarung ist ein Schlüssel zum Ziel der Welt, ein Lichtfenster am Himmel, durch welches in unsere Welt Einsicht, Lenkung und Orientierung fliesst, ein Bilderbuch, das den Übergang dieser Welt in die Neue Schöpfung begleitet und offenbart.
Und zu dem ganzen Projekt gehört auch der Aufenthalt in den sieben Gemeinden, welche symbolisch diesen Weg der Erdenmenschheit über sieben Stufen oder Zeitalter spiegeln.
Inzwischen scheint es mir klar, dass die sieben Sendschreiben wie auch der ganze Aufbau der Apokalypse den Gang des kommenden Christus in die Welt widerspiegelt, so wie der kommende Menschensohn selber die Sendschreiben mitteilt und die sich in diesem Buch offenbart.

Vorblick auf den Kirchenboten 2/2005
Bereits bin ich daran, den Februarkirchenboten zu organisieren.
Ich hatte mir vor der Abreise die Aufnahme der Arbeit mit einer Nummer über die Kampagne von Brot für alle vorgenommen. Nun merke ich aber, dass dieses Thema erst im März aktuell wird. Darum schlage ich heute meiner Kommission vor, die Februarnummer teils selber zu gestalten zum Thema des Dialogs mit dem Islam, wo ich derzeit ja selber viele Erfahrungen mache - nun aus der Sicht der Muslime in einem muslimischen Land. Der interreligiöse Dialog wurde ja auch zum Thema an der Synode - und unausgesprochen wird da in der Regel vor allem an den Islam gedacht.
Als Ausgangspunkt nehme ich das Opferfest, das hier in wenigen Tagen stattfindet. Mich berührt das Bild des Lammes, das in der Apokalypse das Heil schlechthin ist. Im Islam muss etwas Archaisches vom Opferritus überlebt haben, das wir im Opfer Christ sublimieren. Mal schauen, was ich dazu als biblische Besinnung gestalten kann. Wenn ich rausgehe, stehen überall Bauern mit ihren Schafböcken, die sie kurz vor dem Fest noch verkaufen wollen. Die Preise steigen jetzt. Ich werde aber kein Blut zeigen, obwohl es blutig zu und her gehen wird.
Dann möchte ich den Haupttext über meine Begegnungen mit christlichen Missionaren schreiben. Viele ungebetene Missionare finden sich hier. Ich habe gesehen, wie die Türken das aufnehmen und wie die Missionare ihre schwierige, mit wenig sichtbarem Erfolg, verstehen. Da will ich mir Gedanken machen, inwiefern der Islam die Menschen auch nahe zu Gott bringt und inwiefern das reicht und was das Christentum allenfalls Neues dazu bringen kann und wie dieses Neue in der Türkei Fuss fassen soll - eher über die säkulare Welt, die vom Christentum sachlich spricht, also über Medien, über Bücher, über Diskussionen usw. - über die Bildung!
Zudem glaube ich trotz meiner Arbeit an der Apokalypse mit ihrem christozentrischen Heilsangebot, dass da am Ziel der Welt nicht nur «Menschen aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen» (Apk. 7,9) sein werden, sondern auch aus allen Religionen. Aber wie sich die religiöse Landschaft bis zum Ende der Welt noch entwickeln wird - wer will das wissen?

Samstag, 7. Januar 2006: Philadelphia / Alasehir

Ein regnerischer und kalter Tag! Ich bleibe in meinem Hotelzimmer und realisiere, was ich mir mit dem Plan für den Febraurkirchenboten aufgebürdet habe. Ich will da nämlich gleich mehrer Texte über das Christentum in der Türkei selber schreiben, die aber einiges an genauer Kenntnis verlangen. So verbringe ich heute den Tag damit, im Internet mich kundig zu machen über die Religionsfreiheit in der Türkei. Zur Erholung nähre ich mich an Webseiten über Yunus Emre, eine wahrhaft grossartige Entdeckung. Dieser islamische Minnesänger ist ein Geschenk des Himmels an die Türken.

Lektüre über die Türkei
Mich über die Geschichte und die Politik der Türkei kundig zu machen, ist nötig. Das sehe ich ein. Doch das unterbricht mein Studium der Apokalypse. Das ist schade, aber ich habe schon gestern bemerkt, dass ich damit auch in 5 Jahren nicht fertig bin. Als kommt es auf ein Paar Tage nicht darauf an. Ich bin jetzt in der Türkei und will auch etwas von diesem Land verstehen. Ich habe ja auch dementsprechende Literatur mitgenommen. So lese ich heute fast den ganzen Tag in dem Buch der beiden Autoren Rainer Werle und Renate Kreile: «Renaissance des Islam - das Beispiel Türkei», Junius 1987. Das Buch erklärt die Re-Islamisierung als Reaktion auf den Versuch, das Land von oben nach westlichen Vorbildern zu modernisieren, ohne auf die traditionelle Kultur Rücksicht zu nehmen. Ich lerne dabei viel über die religiösen Strömungen und Sekten und auch über die politischen Parteien und deren Strategien, die wirtschaftliche Lage zu verbessern. In der Tat scheitern sie dabei stets und konzentrieren sich auf die Gewinnung von Wählerstimmen durch Verternwirtschaft und Gewährung der Islamisten. Das Buch stammt von linken Kreisen, die genau analysieren, warum eher auf Islamisierung statt auf linke Kräfte gesetzt wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Türkei dem Westen geöffnet und im «Marschalplan» auf die Hilfe Amerikas gesetzt. Der Preis ist hoch: Verzicht auf eingene Schwerindustrie, dafür Importe aus Amerika, Abhängigkeit und Verschuldung. Das Militär hat sich mit der dabei reich gewordenen Schicht versöhnt und stützt deren Herrschaft. Man braucht zwar die Stimmen der Islamisten und schützt und privilegiert den Islam, doch die wirklich regierenden Interessen sind wirtschaftlicher Natur. Sie schützen die riesigen Blöcke, die alles in den Händen haben. Obwohl das Buch aus 1987 ist, hilft es mir zum Verständnis vieler Wahrnehmungen. Ich kann die Linien der weiteren Entwicklung erahnen.

Religionsfreiheit in der Türkei
Was die Frage der Religionsfreiheit betrifft, habe ich einige Webseiten konsultiert:

Der Adventistische Pressedienst bringt ein ganzes Dossier dazu mit folgenden Themen
0. Kirche und Staat
0. Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei - Laizismus = Religionsfreiheit?
0. Türkische Christen: Unerfüllte Hoffnungen
0. Kreuze unter dem türkischen Halbmond
0. Türkei: Positive Bilanz nach christlich-islamischem Treffen
0. Konferenz Europäischer Kirchen zu Türkei-Avis: Noch offene Probleme
0. Türkei: Christen hoffen auf Verbesserungen durch Druck aus EU
0. Türkei: Kirchliches Eigentum enteignet, Ausbildung von Geistlichen verboten, Kirchenbau blockiert
0. Empfehlung der Europäischen Kommission zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt >>>https://www.stanet.ch/APD/news/452.html
Informationen über die traditionellen Kirchen in der Türkei
>>> https://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/108/7544/
In heikler Mission - ein Bericht über die erste neu gegründete Kirche in der Türkei
>>> https://www.faz.net/s/Rub6BFE3B22C ...

Webseite über einen grossen Liebenden, über Yunus Emre
Die auf Wikipedia aufgeführte Biographie und vor allem das unten stehende Gedicht rührt zu Tränen:
>>> https://de.wikipedia.org/wiki/Yunus_Emre
Eine Homepage, die von der Liebe zur Türkei, von Menschenbegegnungen im Internet und dem vom Zeugnis Yunus Emres spricht.
>>> https://www.yunus.de/
Ein kurzer, engagierter Text über Yunus Emre, aus der Liebe, von der der Dichter gezeugt hat, formuliert:
>>> https://www.beepworld.de/members91/opal_star/yunusemre.htm
Biographie, Werk und Philosophie - eine Seite vom «Kultur und Tourismus Ministerium der Republik Türkei: Der offizielle Artikel zu Yunus Emre:
>>> https://www.kultur.gov.tr/portal/default_de.asp?belgeno=934
Lyrik von Yunus Emre
>>> https://www.litlinks.it/yx/yunusemre.htm
Eine umfassende Würdigung des Wirkens von Yunus Emre gibt ein Artikel der Internetausgabe von Istambulpost. Hier wird auch die sprachschöpferische und politische Seite des Mystikers hervorgehoben.
« Der Mensch ist nur durch seine Aussprachefähigkeit ein Mensch; der Sprecher ist in der Situation Gottes. Bei Yunus Emre gewann die türkische Sprache, neben seiner Eigenschaft als Dichtungssprache, die Besonderheit eines die Gedanken umfassenden, aufklärenden Fokuses.»
>>> https://www.istanbulpost.net/03/10/04/guvenis.htm
Einige der schönsten Liebesgedicht von Yunus Emre:
>>> https://www.deutsche-liebeslyrik.de/fremd/emrefd.htm
>>> https://www.deutsche-liebeslyrik.de/gottesli/emre.htm
>>> https://www.deutsche-liebeslyrik.de/gottesli/emre_b.htm
Über die Sprache der Mystik spricht der Text der Istambulerpost:
>>>https://www.istanbulpost.net/03/10/04/guvenis.htm

Webseiten zum politischen System der Türkei
Kurz zusammengefasste Informationen zum politischen System in der Türkeit und zur aktuellen türkischen Pareienlandschaft
>>> https://www.dija.de/cgi-bin/showcontent.asp?ThemaID=1114#marke_0
6. Politischer Kurzbericht 2005 / Türkei von der Konrad-Adenauer-Stiftung: Beobachtungen und Analysen.
>>> https://www.kas.de/proj/home/pub/44/1/year-2005/dokument_id-6536/
Die Homepgae des auswärtigen Amts in Deutschland bietet umfassende Informationen zur Türkei, auch über die Politik
>>> https://www.auswaertiges-amt.de ...

Die Website der Lighthouse-Mission in Izmir:
>>> https://www.lighthouseic.org/welcome.asp

Sonntag, 8. Januar 2006: Philadelphia / Alasehir

Nichts Neues unter der Sonne, resp. unter dem kalten, verhangenen Winterwolken. Ich schreibe das Monatsportrait für den nächsten Kirchenboten - über das junge Missionarsehepaar, das seit 3 Jahren in Salihli lebt: Zwei Kurzbiographien, in denen der Heilige Geist eingriff und lenkt; dann ein Interview über ihr Missionsverständnis.
Weiter schreibe ich am Haupttext. Bis jetzt ist mir erst der Titel gelungen: «Was hat das Christentum in der Türkei verloren?» - ein mehrdeutig zu verstehender Satz. Ich merke, wie leicht es mir fällt, die Berichte des Tages hier zu notieren, und wie schwer ich mich tute, wenn ich bewusst etwas für die Zeitung schreiben will. Doch die Schwierigkeiten lassen sich erklären. Mit dem Thema «Christentum in der Türkei» bewege ich mch in einem äusserst belasteten historischen Klima, und man kann die Worte nur korrekt setzen, wenn man die Geschichte dieses Landes, das politische System, die Mentalität und dann die Situation der Christen selber kannt - Christen? Es gibt sie nicht! Es gibt die historischen Kirchen: Orthodoxe, Assyrer, Aramäer, Armenier usw. mit je eigener Geschichte und aktuellen Situationen, dann gibt es die alten Kolonialistenkirchen: vor allem die Anglikaner und die Katholiken mit ihren nationalen Verzweigungen, und schliesslichbesonnders komplex: die protestantischen Gruppen, Missionen, Sekten und Einzelkämpfer - verständlicherweise ist das der türkische Staat überfordert. Was können unsere Behörden sagen zu den hanefitischen und safiitischen Sunniten, den Schiiten, Aleviten, Bektasi, Mevleviyye, Nakbendi, zur Nurculuk-Bewegung, der Süleymancilik-Bewegung usw.?

Am späten Nachmittag gehe ich auf meinen täglichen Spaziergang durch die Stadt. Die Szenen wiederholen sich. Es werden Schafe und Kühe für das Opferfest angeboten. Morgen ist Basar, nicht wie gewohnt am Dienstag - da ist Bayran, sondern in dieser Woche am Montag. Überhaupt soll morgen ein ganz nervöser Tag sein. Mein Freund Mustafa hat mir abgeraten, am Montag vor Bayran nach Denisli zu fahren. Da sei alles auf der Strasse: Einkaufen, einander Besuchen, letzte Besorgungen usw. Ich habe mich entschieden, am Montag hier zu schreiben und am Opferfest selbst durch die Gegend zu fahren nach Denisli. Da sei es ruhiger. Ich muss nicht neben einer rituellen Schlachtung stehen. Inzwischen habe ich das bereits im Fernsehen gesehen. Ständig laufen Sendungen, die den Leuten erklären, wie man richtig schlachtet und das Tier präpariert. Es ist hier Tradition, dass das Familienoberhaupt das Opfer selber vollzieht. Versuche des Staates, das an Experten zu delegieren, bleiben erfolglos. Es ist auch ein Stolz, eine Ehre und ein religiöser Akt, diese Praxis selber zu vollziehen.
Eigentlich wollte ich heute gar nichts Neues berichten, aber dann haben wir im Zigarettenladen obern an der Ecke meine Homepage angeschaut. Der junge Ladenbesitzer besitzt einen Laptop, mit dem er oft mit seiner Freundin sich austauscht - in Text und Bild. Wie war der Mann überrascht, die Bilder seiner Strasse auf dem Netz zu finden. Und es war sein Wunsch, dass auch sein Bild da zu sehen ist. Ich versprach ihm, dass noch heute Abend zu erledigen.

So kommen die Tiere in die Stadt … und wenn der Verkauf erfolglos war, kehren sie wieder heim …
Sonntagnachmittag in Alasehir: Für das Opferfest bieten die Bauern allerlei Tiere an …
 

 

Montag, 9. Januar 2006: Philadelphia /Alasehir

Ein sonniger Tag! Mit scheint es manchmal, als hätten die Marktleute einen Draht zum Himmel. Immer wenn Markttag ist, scheint die Sonne. Trotzdem bleibe ich am Vormittag drinnen und treffe letzte Vorkehrungen, um nun am nächsten Kirchenboten arbeiten zu können - es fehlten mir noch die richtigen Schriften, welche mir aber die Druckerei RDV in Berneck geschickt hat.

Bummel durch die Vorstadt
Bei meinem Nachmittagsspaziergang gehe ich einmal nicht in die Altstadt in aufsteigender Richtung, sondern hinaus, wo am Eingang zur Stadt ein grosses Denkmal steht. Auch folge ich den Eisenbahnschienen bis zum Bahnhof. Da stehen auf einem Abstellgleis gegen 20 alte Dampflokomotiven, die dahin rosten. Überhaupt schient das Schienennetz immer weniger Bedeutung zu haben. Täglich verkehren vier Züge. Ein Symbol für die Bedeutung der Eisenbahn ist das beim Bahnhof gelegene Hotel Istambul. Es zerfällt und ist steht zum Verkauf. Daneben ist eine Bierschenke, die man an den verhängten Fenstern erkennt.
Da und dort höre ich Schafe blöken und sehe die Tiere vor den Häusern, in den Vorgärten. Das sind die Opfertiere für das morgige Opferfest.
Zurück in der Stadt komme ich in den grossen Rummel vor dem Fest. Die Strassen sind überfüllt. Alle Leute tragen Einkaufssäcke. Und noch immer die Bauern mit ihren Schafen, die sie noch verkaufen wollen.
Im Hotel sagen sie mir, dass das Restaurant geschlossen worden ist - wegen Bayram. Es sind auch kaum Gäste hier. Die beiden Frauen am Empfang wollen noch meine Einträge von Alasehir sehen - und natürlich muss ich ihnen versprechen, auch sie noch aufs Netz zu bringen.

Blick vom Hotel in die Stadt Das grosse Denkmal bei der Einfahrt nach Alasehir Ein Tag vor dem Opferfest
Am Bahnhof von Alasehir: Bild 3 zeigt das einzige Hotel beim Bahnhof, das zum Verkauf angeboten wird
Szenen vom Bahnhof in Alasehir: gegen 30 alte Dampflokomotiven vergammeln auf dem Lokfriedhof
Männliche Schafe, die in Alasehir am Vorabend zum Opferfest noch zum Verkauf angeboten werden
Bauern verkaufen ihre Schafe am Vorabend zum Opferfest Personal im Hotel Sahin

Variationen zum Rätsel Türkei
Nationalismus: In vielem bleibt mir die türkische Nation ein Rätsel. Der Impuls zur nationalen Identität ist stark wahrnehmbar. Als ich mich gestern über die aktuelle Parteienlandschaft kundig zu machen versuchte, sah ist, dass seit 2003 nur zwei Parteien im Parlament vertreten sind: die überlegene Siegerin, die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), und die Republikanische Volkspartei (DHP), die als einzige Partei neben der AKP über 10 Prozent gekommen ist. Aber noch vor wenigen Jahren, 1998, hat tatsächlich die übel nationalistische Partei MHP zusammen mit der demokratischen Linken DPS die Regierung gestellt. Das hat mich etwas schockiert, auch eine Meldungen über die aktuellen Verkaufszahlen von Hitlers «mein Kampf» und andere nationalistische Aktivitäten.
Mich irritiert auch oft die Diskrepanz zwischen den Welten der «türkischen Moderne», die über das Fernsehen in alle Dorfstuben flimmert, und der traditionellen Welt mit ihren einfachen, aber durchaus menschlichen, naturnahen Lebensform.
Musik: Die abendlichen Unterhaltungssendungen, vorwiegend mit Musik und Sängerinnen und Sängern, alles in türkischer Eigenproduktion, sind ein Phänomen eigener Art. Sie lassen ahnen, wo die Türken ihre Kraft und Identität haben: Gewaltige Orchester mit Geigen und traditionell türkischen Instrumenten, dann die eingeblendeten Hüftbewegungen schlanker, leicht gekleideter Tänzerinnen, auch nackte Beine. Und immer wieder die Inszenierung des ekstatischen Gesangs! Ein junger Mann, attraktiv, mit Stoppelbart, - im Hintergrund all die jungen Frauen, absolut modern, keine Kopftücher, in engen Jeans, stark geschminkt. Die Teenies singen mit, kennen die Texte, mit ihren Armen und Händen demonstrieren sie Anteilnahme, ein ekstatisches Gemeinschaftserlebnis. Es wird aber auch über das islamische Opferfest gesprochen, über all die sozialen und emotionalen Teile - in aller Aufarbeitung der modernen Lebens bleibt der Islam wichtiger Teil der die Identität dieses Volkes. Das alles ist soziologisch ein Phänomen.
Männergesellschaft: Die Männer haben ihre Bereiche. Im Teehaus sind nur Männer, auch in der Moschee. Hier im Hotel arbeiten im Service nur Männer, das Putzpersonal sind Frauen. Spannend auch all die Kleinbetriebe und Läden. Die Landenöffnungszeiten sind hier absolut frei. Man lebt in seinem Laden, vor allem die Männer. Hier pflegen sie ihre Beziehungen, trinken Tee usw. Der Arbeitsplatz ist für diese Männer ein zweites Daheim.

 

Dienstag, 10. Januar: Philadelphia (Alasehir) / Laodicea (Denisli)

Ein sonniger Tag, einer der klarsten auf meiner Reise! Was für ein Geschenk für die Muslime in dieser Gegend. Ich sah heute Abend im TV Bilder vom Opferfest aus Tatschikistan, Aserbaitschan, Pakistan ... da beteten und opferten die Muslime im Schnee oder im Regen.

Wie ich gegen sieben und acht auf den Balkon gehe, sehe ruht die Stadt noch immer. Gegen 8.30 Uhr fahre ich mit dem Auto durch die Gegend. Kein einziges Geschäft hat offen. Kaum Menschen auf der Strasse. Weil vom Opferfest noch wenig zu sehen ist, folge ich der Strasse aufwärts, bis ich einen Blick über die ganze Stadt Alasehir habe, wie sie am Rand des Tales liegt.

Blick über die Stadt Alasehir

Als ich zurückkomme, sind die grossen Gebete in der Moschee fertig. An diesem Tag gehen fast alle zum Gebet. Die Väter nehmen auch ihre Söhne mit. Meist fassen die Moscheen die Leute gar nicht, sodass auch draussen gebetet wird. Nach diesem Gebet (im TV habe ich gesehen, wie Erdogan in Istambul die Moschee besucht hat - fast alle Sender brachten diese Bilder) werden Süssigkeiten, Blumen und andere Geschenk verteilt. Vor allem beglückwünscht man einander zum Opferfest.

Die zeremoniellen Opfer
So spaziere zur grossen Pazar-Moschee. Gleich um die Ecke ist eine Metzgerei, vor welche bereits die zeremoniellen Opfer begonnen haben. Hier treffe ich auch eine Familie, die jetzt in Izmir lebt, aber für Bayram zu den Eltern nach Alasehir kam. Der Mann spricht gut Englisch und will natürlich wissen, was ich hier mache und wozu ich fotografiere. Die Begegnung ist ein Glücksfall. Nach dem ich ihm von meiner Reise erzählt habe, klärt er die andern Leute auf und ich verbleibe da sicher eine Stunde.
Die beiden Metzger schächten alle 20 Minuten zwei bis drei Tiere. Ich bin verblüfft, wie ruhig und professionell das alles vor sich geht. Vor allem bin ich über die Schafe erstaunt, die mit ihren Besitzern anstehen und alles sehen. Ich weiss nicht, warum sie so ruhig bleiben. Scheinbar realisieren sie nicht, was da vor sich geht. Oder diese Tiere sind so demütig, so ergeben, dass sie ihr Geschick akzeptieren.
Die Schächtung, die bei uns ja verboten ist, kommt mir bei den Schafen nicht brutal vor. Man redet den Tieren gut zu, legt sie dann auf den Boden, teils mit gebundenen Beinen, und unter Gebeten, halb gesungen, erfolgt der Schnitt. Die Stelle unter dem Hals muss extrem verletzlich sein. Sofort spritzt das Blut aus der offenen Halsschlagader. Die Tiere zucken noch etwa 20 Sekunden, aber sie bleiben stumm dabei. Das Blut wird in eine Rinne geleitet und sofort mit Wasser abgespühlt. - Etwas ungestümer geht es bei der Opferung von Stieren zu und her. Ich habe nur im Fernsehen gesehen, wie oft gegen 10 Männer helfen müssen, die sich wehrenden Tiere umzulegen.)
Wenn das Tier tot ist, wird der Kopf ganz abgetrennt und es folgt etwas, das ich nur von der Passionsgeschichte kannte. Es werden die Beine gebrochen und abgetrennt (dem Opferlamm Jesus soll kein Bein gebrochen werden - ich weiss jetzt nicht genau, wo das steht).
Am hinteren Schenkel wird dann eine Ritze gemacht, in welche Luft geblasen wird - hier in der Metzgerei mit einem Gebläse, später sah ich die Leute direkt mit dem Mund hineinblassen. Damit soll das Fell sich besser abziehen lassen.
Für alle weiteren Arbeitsgänge wird das Tier an den Hinterschenkeln gebunden und aufgehängt. Die Metzger brauchen keine 5 Minuten, um das Fell sauber abzuziehnen. Dabei hantieren sie mit einem scharfen Messer. Welch Konzentration ist da nötig! Im TV sah ich heute Abend eine Sendung über Arbeitsumfälle. Viele Leute verletzen sich, wenn sie keine Übung haben. Dann werden die Eingeweide entfernt. Das ganze Innenleben der Organe wird sichtbar, abgetrennt und je nach Bedürfnis weggeworfen oder in spezielle Säcke gefüllt.
Schliesslich bleibt das Fleisch und die Knochen übrig. So präparierte Lämmer habe ich auch in den Schaufenstern gesehen. Mit einem speziellen Hackmesser wird das Tier in Stücke zerlegt. Die Besitzer stehen da mit grossen Platten und nehmen die Teile entgegen.
Es ist Pflicht, den grösseren Teil des Fleisches an arme Leute zu verteilen. Denn das Opferfest ist für alle Muslime, auch für jene, die kein Opfertier vermögen. Ein Opfer darbringen muss nur, wer das vermag. Und je reicher jemand ist, desto teurer muss das Tier sein. Schafe kosten zwischen 200 und 400 Lire (Franken), eine Kuh bis zu 2000 Lira. Der soziale Aspekt wird sehr hervorgehoben. Ich habe im TV gesehen, wie das Fleisch in speziellen Zentren gesammelt und verteilt wird.
Ein weiterer Aspekt des Festes macht die Tatsache aus, dass Bayram der Abschluss der Pilgerreise ist. So sind die Opfernden mit den Pilgern in Mekka verbunden. Im Fernsehen sehe ich Bilder von der Pilgerfahrt. Am Tag zuvor verbrachten die Pilger einen Tag in Bangen in der Wüste Arafat - so wie Hagar bangte und nach Wasser gesucht hat. Dann wurde der Satan symbolisch gesteinigt. Die Bilder der Kaba erinnern mich an den Monolithen aus der Expo 02 in Murten, aber auch an die Gestalt des neuen Jerusalems.
Ich besuche noch zwei weiter Schächtplätze, einen bei den Ruinen der Johannes-Kirche auf dem Platz, den man vor einem Jahr zubereitet hat. Tuchwände umgeben den Ort, wo die Schlachtung stattfindet. Wieder stehen viele Leute mit ihren Schafen herum. Da sehe ich auch zwei Männer, die Schafsköpfe an einem Gasfeuer präparieren und zum Essen bereit machen.
Am Eingang der Stadt, wo ich gestern Spazieren war, ist eine grosse Wiese. Auch da wird in einem abgeschirmten Feld geschächtet. Aber rund herum sind auch einzelne Familien dabei, ihr Tier selber zu schlachten. Bei der einen bleibe ich lange. Der Sohn spricht Englisch und schlägt für mich eine Brücke zu den andern Leuten. Einmal kommt ein Polizist vorbei - die kontrollieren überall das Geschehen. Meine Anwesenheit irritiert ihn. Er will meine Ausweise sehen, doch alle Familienangehörigen reden so bestimmt auf ihn ein, dass ich die Papiere wieder einstecken kann. Er ist beruhigt.
Zurück im Hotel packe ich meine Sachen, esse noch Frühstück und verabschiede mich. Doch bevor ich losfahre, werden auf dem Park des Hotels auch noch drei Schafe geschächtet.
Hier einige der Bilder vom Opferfest. Für Leute, die Blut sehen können und Details ertragen, werde ich bei Gelgenheit einen Link mit weiteren Fotos hier anführen.

Professioneller Opferplatz vor einer Metzgerei im Zentrum der Stadt Alasehir
Offizieller Opferplatz bei den Ruinen der St.Jean Kirche Opferplatz auf einer Weise am Eingang der Stadt

 


 

 
 
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