Home22 KapitelDie 7 GemeindenDie HimmelSichtweisenBilderzyklenLiteraturLinks
 
 
Himmlische Akteure
> Der Menschensohn
> Gott und sein Thron
> Die 7 Geister Gottes
> Die vier Wesen
> Die 24 Altesten
> Die Engel
> Das Lamm
> Der himmlische Tempel
> Die grosse Schar (7.Kap)
> Das Weib mit Kind
> Antichrist / Drache
> Das neue Jerusalem
> Die 7 Gemeindeengel
> Das 1000-jährige Reich
   
Himmelsmodelle
> Naturvölker
> alter Orient
> altes Testament
> Antike/alte Kirche
> Hierarchien/Kabbala
> C.G.Jung/R.Steiner
> Intermediarius
> Das Prinzip Hoffnung
 
Himmelsreisen
> Schamanismus
> Träumen
> Isis und Osiris
> Die Propheten Israels
> Verklärung Christi
> Dantes Himmelsreise
> 7 Planeten/ Astralreisen
> Kunst und Utopie
 

Zur Sicht Gottes in der Thronvision des Johannes

Im Grund muss es überraschen, in den jüdisch-christlichen Glaubensschriften «die Schau Gottes» durch Menschen beschrieben zu finden. Ein Gang durch das Alte Testament zeigt, dass in der jüd.-christl. Literatur generell Gott zu den Menschen kommt und sich auf Erden offenbart: Er sucht Adam auf, der sich versteckt. Gott spricht mit Noah vor der Sintflut, er beruft Abraham und bestätigt die Berufung mit Isaak und Jakob. Moses hat eine Gottesbegegnung im Zusammenhang mit der Offenbarung auf dem Sinai, aber Gott erscheint ihm vor allem in Phänomenen wie Blitz und Wolke. Dann erscheint Gott als Engel des Herrn, wenn er das Volk Israel durch die Wüste begleitet. Als Engel des Herren erscheint er auch dem Josua, wie auch später den ersten Richtern, dem David oder dem Salomon.
Nach der Blütezeit mit Tempel und Palast in Jerusalem, nach dem das eigene Reich bereits gefährdet ist und Israel im babylonischen Exil in Berührung gekommen ist mit den grossen Königreichen wie Assyrien, Babylon, Ägypten und Persien, findet sich auch im Judentum die Vorstellung des himmlischen Hofstaates und der himmlischen Einsetzung des Königs (Jes. 24, 23; 1. Kön. 22,19; Ps. 89,8; Dan. 7,9).

Der himmlische Hofstaat
Die Vorstellung, dass Gott auf einem Thron Platz nimmt und um sich seine Ratgeber und Bediensteten versammelt, ist zum einen den realen Bildern der politischen Herrschaft entnommen, aber diese Bilder können sich in der Seele auch eigenständig machen und dort durch geistige Erfahrungen verinnerlicht, verwandelt und so erlebt werden, dass sich dadurch gewisse Machtkonstellationen der geistigen Welt, der Himmelswelt, ausdrücken, so in Träumen, in Schauungen und Entrückungen. Wenn solche Vorstellungen im kollektiven Leben einer Religionsgemeinschaft eine feste Funktion übernehmen und abgewandelt in Geschichten, Literatur, Kult oder Kunstwerken ihren Ausdruck finden, sind die Vorstellungen nicht mehr nur das Gut einiger Erwählten, sondern sie gehören zum religiösen Weltbild. Die Idee des himmlischen Hofstaats als übersinnliches Bild (Hypostase) des irdischen Reiches und seiner Macht kannten alle Völker der damaligen Zeit in je abgewandelter Form.
Bei den Propheten Israels nimmt diese Sicht aber universale Züge an. Gott ist König über die ganze Schöpfung und über alle Völker, und sein Gesalbter, der irdische König, wird dereinst ewige Herrschaft erlangen, die vergänglichen Reiche auf Erden ablösen und die Herrschaft Gottes auf Erden antreten und universal durchsetzen. Die Schauungen von Nathan (2. Samuel 7), Jesaia, Ezechiel, Daniel oder auch Sacharias weisen in diese Richtung.
Bei diesen Propheten finden sich im Zusammenhang mit ihrer Berufung im Zustand der Entrückung auch erste Beschreibungen des himmlischen Throns. Ezechiel beschreibt sogar das Aussehen Gottes. Stets hat diese Gottesschau keinen Selbstzweck, sondern sie dient der Einsicht in die Pläne Gottes mit seinem Volk.

Die Merkabamystik (Thronwagenmystik)
Die Zeit der apokalyptischen Literatur zwischen 200 vor und 200 nach Christus, als diese Literaturgattung weit verbreitet war, lässt sich charakterisieren durch eine grosse politische wie auch religiöse Verunsicherung. Auch in Palästina waren über die Vermittlung der Griechen und Römer viele orientalische Kulte und Mysterienschulen aufgekommen. Die verwirrende Vielfalt der alten Göttermythen konnten die gebildeten Schichten nicht mehr überzeugen. Man suchte nach einer rationalen Erklärung des Kosmos, nach eigener geistiger Erfahrung und in allem nach einem universalen Prinzip. In diesem Umfeld hat sich in pharisäischen Kreisen die jüdische Mystik herausgebildet, in welcher analog den heidnischen Mysterienkulten eine Praxis zur persönlichen Gotteserfahrung gepflegt wurde. Als Wegleitung dienten die eigenen Schriften, so vor allem die Vision des Ezechiel, in welcher der Prophet im Geiste den himmlischen Thronwagen mit Gott erblickt hat. Aus diesen esoterischen Schulen hat sich später die Kabbala entwickelt, in welcher die Schau Gottes auch in andern Bildern erfahren wurde, etwa im Sefirotbaum, einem organischen Bild der Kräfte Gottes, die von den himmlischen Welten herab wachsen. Das unterste Sefirot ist das Reich, malkut, oder die Einwohnung Gottes auf Erden (schechina). Dieses Reich sollte dann mit dem Kommen des Messias vollends durchgesetzt werden.
Dass die Entrückung in die oberen Welten auch schon in den frühen Christengemeinden ein Thema war, zeigt 2. Kor. 12,2f., wo Paulus von seiner Reise in den drittten Himmel berichtet, aber nicht sagen darf, was er da erfahren hat.

Das Buch in Gottes Hand und das Lamm
Wenn nun Johannes in dieser bewegten Zeit nach der Begegnung mit dem Menschensohn ebenso durch eine Tür am Himmel hinauf gerufen wurde in die Sphäre des himmlischen Hofstaates und dort den Thron Gottes erblickt, so steht er damit in einer grossen Traditionslinie. Er schaut die Szene durch Bilder und Vorstellungen, die er aus seinen Traditionen kennt. Doch die Schau, die ihm durch den Menschensohn gewährt wird, erfährt auch charakteristische Züge, welche sie zu einer Schlüsseloffenbarung für das junge Christentum macht. Dabei ist die Art, wie er Gott schaut, keine Selbstzweck, wie das später in der Merkaba-Mystik teils der Fall geworden ist. Johannes beschreibt die Erscheinung Gottes kaum. Er vergleicht sie nur mit dem Licht der Edelsteine Jaspis und Karneol.
Wichtig und theologisch aussagekräftig sind die Reihen der Bilder als Manifestation eines transzendenten Geschehens, welches das Christentum zur universalen Religion macht.
Johannes sieht zuerst den Thron als Symbol der Herrschaft Gottes, dann werden die himmlischen Wesen geschildert, die Gott zu Diensten stehen und ihm huldigen. Blitze und Donner manifestieren die schöpferische Dynamik der göttlichen Ausstrahlung.
Die Schlüsselszene kommt mit dem 5. Kapitel, wo der Blick auf das Buch gerichtet wird, das Gott in seiner Rechten hält. (>>> siehe «das Buch mit sieben Siegeln»). Das Buch ist innen und hinten beschrieben, versiegelt mit sieben Siegeln. Um dieses Buch geht es in der Thronvision des Johannes und in der ganzen Apokalypse. Man muss dieses Szene meditieren, um ihre Aussagekraft zu sehen. Das Buch wird sichtbar in Gottes Hand, übervoll beschrieben, aber es ist verschlossen, versiegelt. Wer kann es öffnen? Man achte dann auch die folgende Dramatik, die sich nach bekanntem Muster (1. Kön. 22,19-22; Jes. 6,8) vollzieht. Nur ist es hier nicht jemand aus dem Hofstaat, der die Frage nach der Öffnung des Buches stellt, sondern ein mächtiger Engel, der von Aussen herzutritt. Auch die Ratlosigkeit darüber, dass da niemand ist weder im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde, der das Buch öffnen kann, betrifft nicht den Hofstaat, sondern Johannes selber. Er weint. Dann die erlösende Antwort: «Siehe, überwunden hat der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, das Buch und seine Siegel zu öffnen.» (>>> siehe das Lamm Gottes)
Nun folgt, nach dem der Blick auf das Lamm gefallen war, die Schlüsselszene, welche die johanneische Thronvision so einzigartig und für das Christentum konstitutiv mache. Das Lamm kam und nahm das Buch aus der Hand dessen, der auf dem Thron sass.

Himmlischer Gesang für Gott und dem Lamm
Gott erscheint hier also primär als der, welcher das Buch mit den Geschicken seines Schöpfungs- und Geschichtsplans in Händen hält, das in der Mitte der Zeit durch den Menschensohn geöffnet und gelesen werden soll. Christus, das ewige Wort Gottes, das als Mensch durch den Tod gegangen ist und nun lebt in alle Ewigkeit, er ist würdig, das Buch zu öffnen. Er verbindet sich mit dem Geschick der künftigen Welt- und Menschheitsentwicklung. Er kann durch seine Fülle an Leben das Reich Gottes auf Erden vollenden durch alle Läuterungen hindurch, er kann die Menschen, wie es am Anfang schon im Segen heisst, zu «einem Königreich, zu Priestern für Gott, seinen Vater machen» (1,6). Diese Verheissung klingt nun wieder an im grossen Lobpreis im Himmel, im «neuen Lied», das die 24 Ältesten mit ihren Zittern singen, in das auch alle Myriaden von Engel einstimmen, ja «alle Geschöpfe die im Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer sind, und alles, was darinnen ist. (siehe auch >>> der himmlische Lobpreis.)
Von den drei Liedern, die hier anklingen, gelten die ersten beiden dem Lamm, das würdig ist, das Buch zu öffnen. Das letzte Lied, in welches die ganze Schöpfung einstimmt, ist «dem, der auf dem Thron sitzt und dem Lamm» gewidmet. Ihnen gebührt das Lob, und der Preis und die Ehre und die Macht in alle Ewigkeit».
Johannes vermittelt uns mit seiner Schau also nicht einfach eine Beschreibung Gottes und seines Hofstaates. Hier wie in der ganzen Apokalypse soll vor allem die Funktion des Menschensohns im Verhältnis zu Gott und zur weiteren Geschichte des Kosmos offenbart werden. Gott ist der, wie es schon in Apk. 14f. heisst, «der ist und der war und der kommt». Gott kommt mit seiner Herrschaft über das Menschengeschlecht.
Es geht in der Offenbarung um Gott, der seine Schöpfung vollendet, indem er sein Reich offenbart. Die Apokalypse ist diese Offenbarung, indem das Buch dieser Schöpfung nun in die Hände dessen gegeben wird, der sich selber als der Kommende offenbart und die Menschen zu Köngen und Priestern beruft, damit sie wie er in der künftigen Welt leben und sitzen zur Rechten Gottes. Die Menschen sollen durch die Auflösung dieser Schöpfung durch das Opfer Jesu heimgeführt werden können zu Gott, der das ewige Leben schlechthin ist und die künftige Bevölkerung der himmlischen Stadt mit ihm im Paradies. (12.12.05)

Zur Bedeutung des Thrones
Heinrich Langenberg widmet in seinem Buch «Die prophetische Bildersprache der Apokalypse» dem Thron einen längeren Text. Der Thron Gottes nennt er «das Zentralbild der Apokalypse», das in allen entscheidenden Stellen auftritt. Mit dem Thronbild ist das Thema der Apokalypse konzentriert ausgedrückt. Es geht um «die endgültige Entscheidung in der Durchführung der Gottesherrschaft (Theokratie), um das ewige Königreich Gottes.» Weil in dieser Geschichte das Versöhnungswerk Gottes in Jesu Christo eine zentrale Rolle spielt, erscheint das Lamm in der Mitte des Thrones (Apok. 5,1). Der göttliche Thron ist fortan auch der Thron des Lammes, ja all derer, die überwinden, wie es schon im letzten Sendschrieben in der Verheissung heisst (Apk. 3,21). Das Kind, welches die himmlische Jungfrau im 12. Kap. gebiert, wird zu Gott und seinem Thron entrückt. Damit hat (je nach Deutung des Kindes) die Gemeinde, der «bessere Teil» des Menschen oder der Menschheit, auf dem Thron Gottes bereits eine Existenz. Dabei muss der Thron, auch wenn sein Bild auf ein Gerät weist, sehr weit aufgefasst werden, denn für das alte Israel war der ganze Himmel der Thron Gottes (Jes, 66,1). Der Thron als Zentralorgan der göttlichen Herrschaft symbolisiert die dynamische, machtvolle Seite des alle Himmel erfüllendes Gottes. Das Bild des Thrones wird daher auch beweglich und vor allem von seiner Funktion her geschaut.
In der Regel beschreibt die Apokalypse den, der auf dem Thron ist, nicht. Hingegen wird die auf dem Thron, dem Zentralorgan der Gottesherrrschaft, sich abspielende Relation hingewiesen. Im 5. Kapitel nimmt auch das Lamm in der Mitte des Thrones seinen Platz ein. Die Bilder schliessen einander in der Vision nicht aus, sondern gehören letztlich zusammen. Während Gott auf dem Thron als Lichtfluten erscheint, gewinnt die Macht auf dem Thron durch Christus Menschengestalt. Christus macht auch hier den Vater sichtbar. Wer den Sohn sieht, sieht den Vater (Joh. 14,9).
Bereits die Propheten Ezechiel ( Ez. 1) und Daniel (Dan. 7) haben bei ihrer Thronvision diese menschenähnliche Gestalt Gottes erblick. Die mittelalterliche Kunst hat darum der Thronvision der alttestamentlichen Seher stets das Antlitz Christi gegeben.
In der Vollendung wird der Thron Gottes und des Lammes auf der neuen Erde in dem neuen Jerusalem sein. Von ihm geht dann nicht mehr Gericht (Apk. 20.11-12) und Macht aus, sondern ein Strom des Wasser des Lebens (Apk. 22,1), an dem Bäume des Lebens wachsen, die jeden Monat, also 12 Mal, Frucht tragen.
Auch Gottes Gegenspieler hat einen Thron >>> der Thron des Satan

Dez.05

 

 
 
Impressum | Kontakt | Copyright