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Auf dem Berg der Verklärung, Gemälde von Raphael im Vatikanischen Museum und im Petersdom

Arbeitsjournal 2016:


Mittwoch, 30.3.2016

Ostern: Der Auferstandene lebt unter uns

Christliche Feiertage sind für säkulare und kommerzielle Medien ein delikates Thema. Wurden noch vor Jahrzehnten im Vorfeld der Feiertage selbstverständlich besinnliche Gedanken von Kirchenvertretern eingefordert, blieben die Zeitungen angesichts des wachsenden religiösen Pluralismus und in den letzten Jahren eher zurückhaltend mit religiösen Fremdbeiträgen. Anders in diesem Jahr. Die Weltwoche brachte einen auferstehenden Jesus auf dem Titelbild und warb mit dem Titel «Auferstehung – Ein Plädoyer für Ostern». In der NZZ reflektierte ein eigener Autor am Samstag vor Ostern die Rolle des Pilatus im christlichen Bekenntnis, die NZZ am Sonntag lies wenigstens im «externen Standpunkt» und die Ostschweiz am Sonntag in ihrem «Gastkommentar» einen Pfarrer die Bedeutung des Osterfestes erklären.

Umso mehr habe ich mich gefreut über das ganzseitige Interview mit Abt Urban Federer auf der Seite 2 im St.Galler Tagblatt vom 26. März. Richard Clavadetscher plaudert mit dem Einsiedler Abt über Sportumfälle und Osterbräuche, um den Gottesmann dann drei Mal nachfragend mit der leiblichen Auferstehung Jesu zu konfrontieren. Die Interviewfragen und die Antworten des Abtes zeigen mir eindrücklich das Dilemma um den höchsten Feiertag der Christen: Ein auch naturwissenschaftlich gebildeter, moderner Zeitgenosse hat Probleme mit den biblischen Auferstehungsberichten und die kirchliche Experten haben wenig Mut und Vermögen, die Bibel zu erklären und die Tiefe der religiösen Botschaft darzulegen.

Zur Verteidigung der leiblichen Auferstehung Jesu darum einige Ergänzungen: Zur Frage der wundersamen Geschehnisse in den biblischen Osterberichten darf der aufgeklärten Leserschaft wie auch Gottesdienstbesuchern ruhig etwas aufgeklärte Bibelkritik zugemutet werden. Die Evangelien sind Jahrzehnte nach Jesu Tod geschrieben worden. Es handelt sich hier um religiöse Literatur, in welcher Lehre und Leben des gekreuzigten Wanderprediger Jesus auf Grund von Erscheinungstraditionen beschrieben wird. Jedes Evangelium ist kunstvoll komponiert und nutz je nach Ansprechpartner eher alttestamentliche Textstellen (Matthäus), in der Antike gebräuchliche volkstümliche Bilder wie Engelerscheinungen (Lukas) oder philosophische Gespräche (Joahnnes), um das Weiterwirken des Gekreuzigten anschaulich zu machen. Zärtlich und liebevoll schildern die Evangelien ganz am Ende die Begegnung der Frauen mit dem Auferstandenen, anschaulicher und spektakulärer wird in der Apostelgeschichte und von Paulus selber seine Christusbegegnung auf dem Weg nach Damaskus beschrieben, die ihn zum «Mitbegründer» des Christentums gemacht hat – seine Briefe sind älter als die Evangelien, welche von der Auferstehung ausgehen.
Alle Wundergeschichten in den Evangelien spiegeln bereits die überzeitliche Wirksamkeit des Auferstandenen. Diese literarische Freiheit sollte darum nicht als Schwäche der Evangelien angesehen werden, denn sie beschreiben nicht historische Fakten, sondern vermitteln ein Bild der bleibenden Wirksamkeit dessen, mit dem die Gemeinde auf vielfältige Weise Gemeinschaft als Brücke zu Gott gesucht und gefunden hat.

Schwerer fällt es uns heute, die Botschaft der leiblichen Auferstehung aus der biblischen Bildersprache in vernünftige Einsichten zu führen. Hier muss religionsgeschichtlich wie auch religionsphilosophisch etwas ausgeholt werden. Das Weiterleben nach dem Tod ist eine globale Erfahrung und Hoffnung der Menschen – wie aber das Leben nach dem Tod sich gestaltet, gehen die Meinungen auseinander. Schon im alten Testament kommt die Hoffnung auf eine physische Wiederherstellung des Menschen am Ende der Zeit auf, so bei Ezechiel mit der Auferweckung der Totengebeine, oder in den Psalmen wird gebetet, dass Gott seinen Gesalbten nicht im Totenreich lassen werde.

Judentum, Christentum und Islam teilen sich die Auffassung, dass Gott am Ende der Welt die Menschen leiblich auferwecken wird. Im Christentum wird nun verkündet, dass dieses endzeitliche Wunder in Jesus, dem Christus, vorweggenommen worden ist. Was am Ende allen Menschen zukommen wird, ist in dem Einen bereits verwirklicht – und die Gemeinschaft mit diesem Einen lässt die Glaubenden schon jetzt teilhaben an der neuen Schöpfung.

Soweit die religionsgeschichtliche Linie. Die religionsphilosophische Reflexion ist komplexer, da sie der heutigen materialistischen Sicht der Natur widerspricht. Einen Leib, der im Jenseits Bestand hat und wirkt, lässt sich bloss mit einem «Schichtenmodel» erklären, wie das die Naturphilosophie bis in die Mitte des 19. Jh. noch tun konnte. Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde, heisst der erste Satz der Bibel, womit die Urdualität von oben und unten, von unsichtbarer und sichtbarer Welt gegeben war. Auch der Mensch als Bild Gottes ist in dieser Dualität, hat seien Himmel und sich wie auch seine Erde. Man spricht von Geist und Körper und – beides vermittelnd – von Seele. Die Naturphilosophie sprach sogar von der Seele als Vermittlung nach oben, von einem feinstofflichen Leib als Vermittlung nach unten. Hier im Leben empfinden wir den Körper als real, den Geist eher als sekundäres Produkt davon. Im Jenseits könnte es gerade umgekehrt sein, dass der Geist als Träger des Bewusstseins real erlebt wird, der Körper aber als noch etwas unfertiges. Leibliche Auferstehung würde demnach bedeuten, dass Geist und Körper in der Person vollends eins und identisch geworden sind.

Wie sich der Mensch der Erde nicht selber erschaffen hat, so auch nicht der «eingeborene Sohn», dessen liebliche Auferstehung die Christenheit am Ostertag feiert. Die Lehren dieses Jesus sind wichtig, aber sie sind nicht das Christentum, käme da nicht diese Verbundenheit mit dem Mittler dazu, der – nach dem biblischem, aus dem Judentum übernommenen Festtagszyklus sich während 40 Tagen sich verschiedentlich irdisch manifestiert haben soll, um nach seiner «Himmelfahrt» von oben her zu inspirieren, was die Christen am 50. Tag, am Pfingstfest feiern und verdanken.

 

1. April 2016

Der Mensch, ein Gärtner für das Paradies

«Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.» - Diese Urdualität von Oben und Unten, unsichtbarer und sichtbarer Welt bestimmt fortan die Schöpfung, zu der auch das Paradies und der Mensch gehören. Der Mensch wie auch das Paradies haben ihren Himmel und ihre Erde. Während das Paradies zwischen Himmel und Erde sich erneuert, pendelt der Mensch im Weltlauf zwischen eher irdischer (im Leben) und eher himmlischer (im Tod) Existenz. Auf Erden wie im Himmel ist er aber noch kein ganzes Wesen. Doch Gott befähigt und fördert ihn zu der Arbeit, die ihn ganz werden lässt. Die erste Tätigkeit, die in der Bibel dem Menschen aufgetragen wird ist jene, den Garten Eden zu bebauen und zu bewahren. Und das geschieht nicht nur durch unsere physische Aussaat. «Es werden Gedanken, Gefühle, Eindrücke und Worte gesät. Was man gesät hat, wird man ernten.»
Eben erscheint der Kirchenbote, in dem ich einen Text über das Paradies geschrieben habe. Er heisst:
;Wo liegt denn bloss das Paradies?» Zum PDF des Textes >>> Hier



 

 
 
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